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Jerewan(AM) - Achalkalaki (GE) - Hopa (TR))


Die letzte Armenische Straße, ein Stück Georgien und zurück in der Türkei


Eigentlich wären wir gerne noch etwas länger in dem kleinen Kaukasusland geblieben, hätten gerne den Sewansee umfahren oder wären weiter in den Süden nach Goris oder Kapan gereist, aber der teilweise desaströse Zustand der Straßen und die überaus extrem rücksichtslose Fahrweise der Armenier, halten uns dann doch davon ab und wir wollen nichts herausfordern. Von Jerewan geht es also wieder Richtung Norden und wir müssen noch 170 km bis zur georgischen Grenze hinter Gjumri schaffen. Ab Gjumri kennen wir ja die Strecke und wissen, was uns bevorsteht. Besonders mir bereitet mir dieser  Gedanke schon am Morgen als wir den Großstadtverkehr Jerewans hinter uns lassen Magen- und Kopfschmerzen.  

Eigentlich ist es sinnlos, überhaupt darüber nachzudenken, was kommen wird, denn es kommt ja doch immer anders als man denkt! Der Straßenzustand ist sowieso nicht vorhersehbar, Google wusste schon, warum es über ganz Armenien kein Streetview veröffentlicht und es nutzt auch nichts, Trübsal zu blasen, wenn der Wetterbericht statt Sonnenschein, Regen vorhersagt.Ich denke trotzdem darüber nach! 

Mit diesen Gedanken verlassen wir also Jerewan, die Hauptstadt Armeniens und die 100 km bis kurz vor Gjumri lassen sich ganz gut fahren. Die Höhe der Berge, das dunkle Grün und die dünne ländliche Besiedelung lassen uns immer wieder staunen, das ist die Einzigartigkeit Armeniens! Und wenigstens diese Strecke können wir genießen.

Kurz vor Gjumri ist der Genuss vorbei und werden wir jäh aus unseren Gedanken gerissen. Ende der Ausbaustrecke! Die geteerte Straße geht in eine undefinierbare Piste über. Auf die gegenüberliegenden Spur, sofern man das Spur nennen kann, hat man tonnenweise losen Schotter mit großen und kleinen Steine gekippt! Der Gegenverkehr kommt uns, samt 40 Tonner, aus diesem Grund teilweise auf unserer Spur entgegen. Auf unserer Seite sieht es aber auch nicht viel besser aus, wir haben Sand! Teilweise tiefen Sand, vermischt mit etwas Schotter. Das auf der Karte als Hauptstraße ausgewiesene undefinierbare Etwas, ist breit und Fahrbahnen kann man nun gar nicht mehr erkennen. Das nur ansatzweise als Straße zu bezeichnen ist eine Frechheit! Vor Allem fährt jeder so, wie er denkt. Das haben wir ja schon kennen gelernt, Rücksichtnahme oder gar defensives Fahren sind Fremdwörter ! Alle die fetten SUVs, die uns entweder entgegen kommen oder überholen haben ja Spurassistenten und Traktionskontrolle und somit auch keine Problem, die großen LKWs, sowieso nicht, die hinterlassen nur ihre fetten Reifenabdrücke. Auch neuere Motorradmodelle haben so viel Technik, dass sie wahrscheinlich auch solche Zustände meistern könnten, aber solche fahren hier nicht lang, die sind auf dem TET (= Trans Euro Trail, eine 80.000 km Offroadstrecke in Europa für Motorradfahrer) unterwegs. Wir aber mit Harry und Sally, unsere alten, treuen Gefährten, beide Baujahr vor 2010 besitzen all den technischen Schnickschnack nicht, aber dieser technische  Schnickschnack würde uns gerade jetzt in dieser Situation weiterhelfen und die Produktion von Angstschweiß und Herzklopfen verhindern.

 

Natürlich gibt es auch eine Notbremse! Die zu ziehen mit einer Notbremse im Zug zu vergleichen ist: Nur im aller äußersten Notfall! 

Ich würde jetzt sofort diese Notbremse ziehen, aber die Notbremse funktioniert gerade jetzt nicht!

Selbst wenn wir anhalten würden, bliebe uns nichts anderes übrig, die Kisten in den Sand zu schmeißen und dann???...

So finden wir - wie so oft  - einen Weg raus aus dem Schlamassel. Voll mit Adrenalin und hoch konzentriert  Eine Art schmaler Seitenstreifen mit festgefahrenen, harten Sand, ist unsere Rettung. Darauf lässt sich einigermaßen vorwärts kommen. Mir ist wirklich Angst und Bange. An meine Schläfen läuft der Schweiß weiter Richtung Hals, wo er sich mit dem Körperschweiß mischt und ich von oben bis unten nass bin. Ich weiß nicht, ob dieser von der Angst oder vom Schwitzen kommt, denn ist wirklich warm hier, kurz vor Gjumri. Aber wir haben unseren persönlichen schmalen Grat gefunden und nun sind wir beide bemüht, die Spur zu halten, jeder für sich hoch konzentriert und wahrscheinlich voll mit Adrenalin. Der einzige Gedanke, der uns antreibt, ist, heile und unversehrt  hier durch zu kommen! Durch diese verdammte Baustelle. Ich fahre teilweise Schrittgeschwindigkeit mit schleifender Kupplung und mein Mann schreit mich an: "Gib mehr Gas, sonst rutscht du hinten weg!" Ich schreie zurück: " Ja doch, ich bemühe mich!" Und ich bemühe mich wirklich und versuche, seinen Rat zu folgen. Wir können uns wirklich nur anschreien, denn das Schreien hilft auch ein wenig!

Dann sind da noch die großen und kleinen Laster, die  kleinen und großen Autos, die uns in einem Affenzahn überholen, als gäbe es kein Morgen. Sie hinterlassen uns riesige Staubwolken. Zum Glück ist es momentan trocken. Gar nicht auszumalen, wie das bei Nässe wäre, die wir ja die Tage genug hatten, dann bliebe uns wohl nichts anderes als eine Notbremse übrig. Harry und Sally in den Matsch legen und warten bis jemand mit einem Transporter vorbei käme und uns alle Vier aufsammeln würde!

 

Würde... Könnte... Hätte...

Wir haben keine Ahnung, wie viele Kilometer wir es so aushalten, aber nach einer gefühlten Ewigkeit haben wir es tatsächlich geschafft! Richtig zittrig ist meine Gashand, als der Stress ein wenig nachlässt!

Auf so einer Motorradabenteuerreise wird man eben ins kalte Wasser gestupst, in unserem Fall wird man einfach auf die unbefestigte Straße geschubst und dann muss man zusehen, wie man mit dieser Situation klar kommt!

 

Ist man einmal fernab von westeuropäischen Straßenstandards, wo sich Menschen halbwegs an Verkehrsregeln halten, unterwegs,  gibt es kein zurück mehr!

Auf einen Sonntag ist der Verkehr durch Gjumri recht human. An einer kleinen, neuen Tankstelle mit nur 2 Zapfsäulen müssen wir tanken und können endlich eine Trinkpause machen. Als ich absteige, merke ich, dass nicht nur meine Gashand zittrig ist, sondern auch meine Beine sind ganz wabbelig. Die Haare kleben an meinem Kopf, als ich den Helm abnehme, der mit Staub vermischte Schweiß fühlt sich auch nicht besonders gut an und mein ganzes Gesicht glüht feuerrot! Auch meinem liebem Mann, der sonst so einen kühlen Kopf behält, glüht der Schädel. Wir lachen uns an und fallen uns mit den Worten "Geschafft!" in die Arme. Den freundlich lächelnden, älteren Tankwart neben uns, der mit der Zapfpistole in der Hand neben uns wartet, bemerken wir erst gar nicht! Ach ja, wir müssen ja auch tanken! Er harrt aus, bis  bis wir soweit sind, unsere Tankschlösser zu öffnen. Nach ein paar Minuten des Verschnaufens, Durchatmens und Trinkens haben wir uns wieder  gesammelt. Der freundliche Herr mit dem roten T-Shirt in der Farbe der Ölgesellschaft gibt uns gleich mehrere  Wasserflaschen für unterwegs, denn unser Vorrat ist aufgebraucht. Geld dafür nimmt er nicht!

Vielleicht sollten wir hier in Gjumri noch einen Übernachtungsstopp in unserem tollen Museumsapartment einlegen, um uns nach dieser Tortur ausruhen!? Aber wir entscheiden uns fürs Weiterfahren. Die 50 Kilometer bis zur Georgischen Grenze, die uns auf der Hinfahrt Schwierigkeiten und ebenfalls an unsere Grenzen gebracht haben, wollen wir nun auch noch schaffen und Armenien hinter uns lassen!

Noch ein Toilettengang und dann weiter! Dabei bemerken wir, dass es sich nicht um eine übliche Tankstelle mit Kassen- und Verkaufsbereich handelt. Das Innere des kleinen Tankstellenraumes ist Privatbereich. In dem kleinen Häuschen scheint unser nette Tankwart zu wohnen, denn dort steht ein Bett und ein Tisch. Die Toilette und das Waschbecken das seine!

Wir verlassen ihn winkend mit dem Gedanken, dass er sicher schon längst unser Rentenalter überschritten hat...!

 

Soll ich noch über die letzten 50 Kilometer berichten? Nein, noch einen Schlechtestraßenbericht mute ich euch lieber nicht mehr zu! Zum Glück ist uns - anders als auf dem Hinweg - wenigstens das Wetter hold. Es ist trocken! Die Schotterbaustelle geht nun bergab, was mit dem schweren Gepäck nicht ganz ohne ist und die Angst überkommt mich erneut. Ich versuche erneut, den Ratschlag, nicht zu langsam zu sein, zu beherzigen! Nun rappeln wir, ich mit dickem Herzklopfen und angespannt bis in die Haarspitzen den Berg hinunter!

Ja, auch diese Hürde ist genommen und ich wachse förmlich über mich hinweg! Man kann doch Einiges schaffen, wenn man nur muss!

Die kleinen und großen Schlaglochkrater, die uns sonst so nerven, umfahren wir nun noch mit Leichtigkeit und ganz galant. Auf der Hochebene taucht endlich der ersehnte Grenzübergang auf, an dem wir so viel Zeit verbracht hatten und der uns so viel nerven gekostet hat. Zum Glück entlässt uns Armenien nun ohne Tamtam und ohne Aserbaidschan - und Türkeiaufkleber.

Ich glaube, wir sind uns einig, Armenien sieht uns so schnell nicht wieder, aber die Erinnerung an die Herzlichkeit und Wärme, die schönen, sauberen Unterkünfte, Jerewan und den Berg Ararat werden für immer bleiben!

Georgien, das Land der Würmchenschrift, empfängt uns mit gewohnt entspannter Schnelligkeit und einer kurzen Pass- und Zollkontrolle!

Das Georgische Alphabet ქართული ანბანი umfasst nur 33 Buchstaben und um es für uns von dem Armenischen zu unterscheiden nennen wir es Würmchenschrift... Aber das ist natürlich so etwas von vollkommen unwichtig...

Gut 50 km von der Armenischen Grenze entfernt, haben wir uns in  der kleinen Stadt Achalkalaki in der Provinz Dschawachetien, ein Quartier gebucht. Der kleine Ort mit weniger als 10.000 Einwohner hat gleich mehrere Hotels, was wohl daran liegt, dass hier, wie in der Großstadt Batumi das Glücksspiel erlaubt ist und es gleich mehrere Casinos gibt. Das ist wohl schon das Einzige, was Achalkalaki zu bieten hat. Das Örtchen hat seit der Unabhängigkeit 1991 mit Einwohnerschwund zu kämpfen. Die Arbeitslosigkeit ist hoch und vor Allem junge Männer, der mehrheitlich Armenischen Bevölkerung wandern ab. Kein Wunder, dass hier am Rande des Dschawacheti-Plateau niemand wohnen möchte. So gut wie alle Gebäude und Häuser sind runter gekommen und der Verfall nagt an der Stadt. Der viele Müll, die zotteligen, armen Straßenhunde, die jede weg geworfene Tüte nach Fressbarem durchwühlen tragen ihr Übriges zu dem Gesamtbild einer wahrscheinlich überall so aussehenden georgischen Kleinstadt bei.

Beim Gang durchs Städtchen fühlen wir uns nicht  besonders wohl. Wir können nicht beschreiben, warum. Wir fühlen uns nicht bedroht, auf keinen Fall! Das ist es nicht, aber irgendetwas wabert durch die Luft, was sich nicht gut anfühlt, vielleicht ist es nur  der Zustand der Stadt.

Wir müssen ziemlich lange suchen, bis wir ein Restaurant finden, welches willig ist, uns ein Essen zu servieren. Das trägt den tollen Namen "Café Gold" und ist nüchtern eingerichtet. Ein paar Tische sind mit gigantischen Raumteilern umstellt , um wohl zu verhindern, das man sieht, was am Nebentisch vor sich geht. Zwei Tische ohne Paravent mit Mauermuster sind in der Mitte des Gastraums platziert. Einer davon ist belegt, also nehmen wir am anderen Platz, um einen Überblick zu haben, was sich so in der Gaststube abspielt. Heimeliges Neonlicht schafft noch zusätzlich eine gediegene Atmosphäre, und die als Deko dienenden, ausgestopften Tiere - Wildschwein und Wiesel (es könnte auch ein Iltis oder Marder sein) glotzen uns aus allen Ecken an. Der bereits belegte Tisch scheint der Servicetisch zu sein, an dem  2 etwas fülligere Damen sitzen, die vielleicht Köchinnen sein könnten. Sie haben ähnliche Kittelschürzen wie Gayane aus dem letzten Reisebericht an, versprühen aber nur halb so viel Herzlichkeit. Nein, sie versprühen gar keine Herzlichkeit. Sie ignorieren uns einfach und starren einfach weiter ganz fasziniert auf ihre Handys, aus denen laute Töne zu vernehmen sind. Ich vermute, dass sie einfach nur in eine Serie vertieft sind; vielleicht so eine Schmonzette wie "Rote Rosen" oder Ähnliches (da kenne ich mich nicht so aus!) Gäste wie wir sollten lieber nicht stören! Aber die junge Dame vom Tresen, die zu jung für Schmonzetten ist, ist wenigstens bemüht, ein wenig Englisch zu sprechen und nimmt unsere Bestellung auf. Wir bestellen etwas, was hier jeder versteht: "Schaschlik"! In den ehemaligen Ostblockländern hat der Begriff Schaschlik eine ganz andere Bedeutung als bei uns. Schaschlik meint einen Fleischspieß, meist mit riesen Stücken vom Schwein. Nachdem sich eine der Schmonzette schauenden Damen in die Küche begeben hat, erhalten wir  wider Erwarten ein mit Zwiebeln dekoriertes Schaschlik, das leckerer hätte nicht sein können. Das Grillgemüse und die Kartoffeln kommen auch prompt wie bestellt! Nun kann sie sich wieder ihrer Serie widmen.

 

Wir wollten ja vielleicht die Fähre von Batumi nach Burgas in Bulgarien nehmen und könnten so etwa länger in Georgien bleiben, müssten dafür aber einen großen Umweg von ca. 250 km in Kauf nehmen. Außerdem hat sich der Fährpreis gegenüber dem Jahr 2018 verdoppelt. Die Fähre verkehrt nur einmal die Woche und somit wären wir auch noch zeitlich gebunden. Noch dazu sind auch die Verkehrsverhältnisse in Georgien ähnlich wie die in Armenien und so entscheiden wir uns doch so schnell wie möglich wieder in die Türkei einzureisen und nehmen den gleichen Grenzübergang wie auf dem Hinweg mit dem langen Schlauch wo man kilometerweit zur Passkontrolle laufen muss.

Die holprigen, schlaglochübersäten knapp 40 km schaffen wir auch nur im Schneckentempo, wir durchqueren kleine Dörfchen mit winkenden Kindern, Kühen, die die Straße passieren und griffigen Hundebanden, die unser Motorengeräusch nicht besonders gut finden. Schon von Weitem kann man die Grenzstation erkennen, wo die Georgische Flagge zusammen mit der EU-Flagge im Winde weht, dahinter und unverkennbar der Halbmond mit Sichel auf rotem Untergrund. Gigantisch hier oben im Nichts auf dem Hochplateau grenzt es schon an Gigantismus ! Es wirkt alles so unwirklich. Keine Grenzstadt, kein quirliges Treiben zwischen zwei Ländern. Nur der Kazachi-See, der die Grenze markiert, glitzert in der Sonne. Wenigstens scheint sie endlich hier auf fast 2000 m Höhe. LKWs stehen wieder wie auf einer Perlenkette aufgezogen dicht an dicht hintereinander und warten geduldig auf Abfertigung. 

Georgien entlässt uns mit gewohnter Lässigkeit wie bei der Einreise in wenigen Minuten.

Und dann tapern wir wieder als Einzige den gläsernen Gang Richtung Passstation, wo - wie erwartet - ein muffeliger Passkontrolleur mit dem üblich üblen Blick eines Passkontrolleurs unsere Dokumente in Empfang nimmt. Warum können Beamte diesen Genres einfach nie Lächeln? Wir haben mal wieder das Gefühl, wir stören und sind unerwünscht. Und dieses Gefühl bestätigt sich auch sofort, denn wir sind tatsächlich unerwünscht! Dieses Mal müssen wir wenigstens keine Strafe zahlen! Haha! Wie auch? Wir sind ja bei der Einreise! Er blättert zunächst Berts Pass wie ein Bilderbuch durch., vor und zurück und wieder vor, schaut in den Pass, schaut in seinen Computer und schaut wieder in den Pass, tippert etwas in seinen PC und schaut wieder in den Pass. Dann fängt der Gute an zu reden und redet und redet und redet. Die Zeichen, dass wir nichts verstehen, ignoriert er einfach und winkt Bert hinter seinen Schalter, um ihn seinem Bildschirm zu zeigen. Was sollen die türkischen Hieroglyphen nur bedeuten? Das war auch noch nie da, mein Mann im Passkontrollhäuschen! Berts heftiges Achselzucken und Kopfschütteln bewegt ihn dann endlich doch den Stempel in den Pass zu drücken. Bei mir dauert das nicht ganz so lange.

Als wir nach der Zollabfertigung endlich vor der letzten Schranke stehen, wird mein lieber Man durchgelassen und vor mir schließt sie sich wieder, aber der Beamte in seinem Kabuff will die Schranke nicht wieder öffnen. Er erzählt mir ebenfalls etwas, was ich nicht verstehe und beendet seinen Satz mit dem schlichten Wort "No!". Ich deute es so, dass wohl der nötige Stempel fehlt. Ich antworte einfach auf Englisch zurück, dass ich genau gesehen habe, wie der Kollege meinen Pass abgestempelt hat, dass ich ja wohl offensichtlich zu dem Mann gehöre, den er gerade durch gelassen hat  - der übrigens ganz verdattert vor dem "Türkiye-Schild" auf mich wartet - undsoweiterundsofort. Er greift zum Hörer und nach einem kurzen Telefonat öffnet er endlich die Schranke!

Wenn man denkt, man reist mal eben schnell in die Türkei ein....! Nein, das denken wir auf dieser Reise nicht mehr!

Ich habe ja schon einmal gesagt, dass es müßig ist, nach dem Warum zu fragen. So viele Fragen und keine Antworten!

Wir fragen uns aber trotzdem, warum es gerade auf dieser Tour immer wieder zu Komplikationen bei der türkischen Ein- wie auch Ausreise kommt?  Es ist ja nicht die erste Reise, die wir auf dem Landweg in die Türkei unternehmen!

 

Von dieser Gigagrenze bis zu unserem Ziel, der Grenzstadt Hopa am schwarzen Meer sind es noch über 200 km. Dass wir nach Hopa wollen, hat einen ganz speziellen Grund, aber zunächst wollen wir wir noch einzigartige Landschaften genießen. Auf der breit und autobahnartig ausgebauten, wenig befahrenen Straße fahren wir weiter auf dem weiten Hochplateau vorbei an Ardahan mit dem tollen Kurdischen Restaurant. Kurz hinter der Stadt kommt ein Abzweig und wir müssen uns entscheiden, ob wir eine kleine, weniger gut ausgebaute Straße nehmen oder auf dieser Großen bleiben. Ach, auch wenn so eine kleine Bergstraße beschwerlicher ist, macht sie doch sicher mehr Spaß. Wir düsen also wieder bergan, hoch und noch höher! Hui, ganz schön steil, eng und ohne Leitplanken, Haarnadelkurve um Haarnadelurve schrauben wir uns nach oben!

Unser höchster Punkt auf dem Pass, dessen Name so unbekannt für uns ist, sind wir über 2500 m hoch, mein Navi zeigt mir genau 2637 m an. Noch nie waren wir so weit oben auf einem Berg!  Das hat sich wirklich gelohnt! Wir werden belohnt, belohnt mit unverbauter Natur, sattem Grün und noch höheren Bergen um uns rum und einem grandiosen Blick! Ein starker Wind weht, ist es recht frisch hier oben, aber nicht zu kalt.

Gerne hätten wir Sally und Harry mal abgestellt und wären ein bisschen rum gelaufen, aber wir finden keinen guten Untergrund, dass sie sicher stehen. Wir halten, bleiben einfach sitzen und lassen auch so alles auf uns wirken. Irgendwie kommt man sich ob dieser enormen Weite sehr majestätisch vor und dann wieder so klein! Nichts ist los auf der kleinen Straße, mal ein PKW, das wars! Nicht wie in den Alpen, wo zig Zweiräder die Pässe hoch und runter jagen.

Die Serpentinen geht es nun wieder eng und kringelig hinunter. Der Wind ist manchmal so stark, dass wir meinen, er möchte uns greifen und uns mit sich tragen. Wir haben ganz schön Mühe, dem gegen zu halten. Die Straße führt uns soweit runter, dass wir bald auf 300 m sind. Die  enorme Weite geht über in enge Schluchten, das satte Grün geht über in Okka, Hellbraun und Gelb. Die angenehme Kühle verwandelt sich in eine unangenehme Hitze und wir schwitzen auf einmal was das Zeug hält! Kein Wunder unsere Temperaturanzeige klettert auf über 30 Grad. Hier in den engen Schluchten fängt sich die Hitze.

Fühlten wir uns eben noch hoch oben auf dem Berg groß und majestätisch, so fühlen wir wir uns hier unten zwischen den okkafarbenen Erhebungen ganz klein und nichtig! Es kommt eben immer auf den Blickwinkel an! Eben noch ganz oben, jetzt ganz unten!

Der Asphalt ist so heiß, dass er beginnt zu schmälzen. Er wird richtig klebrig und ekelig, Teergeruch steigt in unsere Nasen. Die Reifen geben quotschende Töne von sich.  Bloß nicht anhalten, sonst sauen wir uns noch die Stiefel ein. Ist es die Hitze oder nur schlechte Bitumenqualität?

Wir passieren Artvin, die Provinzhauptstadt der Schwarzmeerregion. Hier wechselt wieder unser Klima, was ständig Überraschungen für uns parat hält. Die Hitze weicht und die Temperaturen werden wieder erträglich hier am Rande des pontischen Gebirges und wir schwitzen nicht mehr. Der Himmel zieht sich unerwartet zu und das strahlende Blau weicht einem faden dunkelgrau.

Hopa, die quirlige Schwarzmeerstadt an der georgischen Grenze erreichen wir gerade noch trocken.

Warum wir gerade Hopa als Ziel ausgesucht haben -  ich erwähnte es bereits -  erzähle ich im nächsten Eintrag!

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Kommentare: 1
  • #1

    Christian Hammann (Freitag, 21 Juli 2023 09:08)

    Wieder so ein lebendiger Bericht, Bericht.. Ich rieche fast den heißen Straßenbelag... Chischaaan