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Serbien, Ungarn, Tschechien von 30 auf 13 Grad! Fast Zuhause!



Am  kleinen Grenzübergang Bregovo sind wir gerade die Einzigen, die hier passieren. Auch von EU zu Nicht EU kann es schnell gehen, das zeigt man hier. Alle Grenzbeamten sind bestens gelaunt und äußerst freundlich. Wir freuen uns riesig, denn in null Komma nichts haben wir alle Kontrollen passiert. 

In Serbien erwartet uns eine weitere wunderschöne Strecke von ca. 80 Kilometern bis zum kleinen  Ferienort Donji Milanovac. Die Straße ist gut ausgebaut, das Wetter ist perfekt zum Fahren - vielleicht schon ein bisschen zu heiß - aber auch wir sind bestens gelaunt.

Donji Milanovac liegt an der Donau ca. 50 Kilometer entfernt vom bekannten Eisernen Tor im Derdap Nationalpark.

Wir haben direkt am Rand des kleinen Ortes ein Apartment mit Blick auf die Donau gemietet. Es ist herrlich ruhig hier, die Straße ist für Anlieger, ein paar Angler haben ihre Angeln ausgeworfen und ein paar Spaziergänger flanieren an der Promenade. 

Unsere Unterkunft ist groß und geräumig, hat einen kleinen Balkon und hat auch sonst alles, was macht braucht, vor Allem eine gut beschichtete Bratpfanne und einen Pfannenwender für die morgendlichen Spiegeleier. Sie liegt in einem Mehrparteienwohnhaus. Hier im Ort gibt es viele solcher privat vermieteter "Ferienwohnungen".  Wir stellen uns mal wieder die Frage: Nehmen wir den einheimischen Bürgern Wohnraum weg? Für den Vermieter ist es wahrscheinlich wesentlich lukrativer, eine Wohnung für touristische Zwecke zu vermieten. Zu verdenken ist es nicht.

Wir schieben unser schlechtes Gewissen Beiseite und fühlen uns in einem Privatapartment wohler als in einem Hotelzimmer.

 

Nun Mitte September scheint auch in Donji Milanovac die Saison langsam zu Ende zu gehen. Trotzdem herrscht noch Leben in den Straßen. Wir brauchen noch eine serbische SIM Karte, die wir ganz unkomplizert und günstig an einem Kiosk erstehen. Wir besuchen das kleine Museum über den Derdap Nationalpark, flanieren ebenfalls an der Donaupromenade des kleinen, serbischen Ortes, schauen Flusskreuzfahrtschiffen nach, genießen Ruhe und den Sonnenuntergang, der hier fast genauso schön ist wie am Meer. Mit unserer Dose Bier in der Hand, finden wir es total romantisch und bei diesem Gedanken müssen wir schmunzeln. Genauso hatten wir es PiauPiau, der chinesischen TikTokerin im Interview in Georgien erzählt, als sie nach besonderen Momenten auf unseren Reisen fragte.

Die Luft ist wunderbar frisch, als wir am Morgen weiter fahren. Dem Derdap Nationalpark und der Straße 34  Richtung Westen folgend, kann die Strecke nicht schöner sein. Sie folgt der Donau in Kurven und durch Tunnel, mal ganz dicht auf gleicher Höhe, mal ganz erhaben von ober herab! Das Schönste ist, dass so gut wie kein Verkehr herrscht. Wir können uns die Zeit nehmen, die wir möchten. Wir können langsam trödeln, ohne dass andere hinter uns drängeln oder zügig fahren, ohne dass wir ständig Langsamere überholen müssen. Dazu gibt es Sonnenschein pur, einen tief blauen Himmel und eine angenehme Morgentemperatur von etwas über 20 Grad.

 

Die Derdap Schlucht ist mit 100 Kilometern die größte Flussschlucht Europas. Wir fahren an der bekannten Ausgrabungsstätte Lepinski Vir vorbei bis zur Festung Golubac, wo die Schlucht endet und die Straße sich der Donau abwendet.

Belgrad umfahren wir ganz großräumig. Es geht nördlich an der Hauptstadt vorbei, noch gut 100 Kilometer bis Novi Sad. Hier schließt sich ein kleiner Kreis. Erinnert ihr euch an Mihajlo, den jungen Mechaniker, der meine Paula, als wir auf der Hinreise waren, wieder auf Vordermann gebracht hatte? Ohne ihn hätten wir diese Reise so nie machen können.

Das Apartment über der kleinen Werkstatt wartet auf uns. Es ist genauso wie wir es verlassen hatten und das Wiedersehen ist so, als wenn wir gute Freunde treffen würden.

Mihajlo ist erst Anfang Zwanzig, wohnt mit seinem jüngeren Bruder, seinem Vater und Großvater im Haus dahinter. Wir gehen zusammen essen, plaudern über unsere Reise und Mihajlos Zukunftspläne. Mihajlo ist für sein Alter ziemlich weit und vorausblickend, er ist gebildet und vor Allem weiß er, was er will und was er nicht will. Alles Gute, lieber Mihajlo, für deine ganz persönliche Zukunft!

Kurz, aber intensiv war diese Begegnung und die Verabschiedung dementsprechend innig!

Wir rücken nun immer weiter vor und 100 Kilometer nördlich von Novi Sad passieren wieder eine EU-Grenze. Am Grenzübergang Bácsalmás betreten wir ungarischen Boden, Wir sind wieder die Einzigen, die Abfertigung läuft auf beiden Seiten freundlich, schnell und unkompliziert. In ein paar Minuten ist alles erledigt. 

Ungarn! Weites Land und so weit man an der Grenze entlang blicken kann, ist die EU Grenze abgesichert und verstacheldrahtet. Hier kommt niemand durch! Man merkt, wie Ungarn zum Thema Flüchtlingsproblem steht...!

 

Ungarn! Keine Ahnung, wie oft wir hier schon durch gereist sind.  Die Wetterprognosen sind für die nächsten Tage besser als gut. Es ist fast Ende September und es soll noch immer hochsommerlich warm bleiben. Es bietet sich also an, noch ein paar Sonnenstrahlen am Balaton einzufangen und bevor es straight Richtung nach Hause geht, nochmal unsere persönlichen Tanks aufzufüllen. In Siófok, der größten Stadt am Südufer des größten Binnensees Mitteleuropas haben wir ein kleines Ferienhäuschen gemietet. Dieses befindet sich auf dem Grundstück und neben dem Wohnhaus unserer Vermieterin. Es ist zwar etwas eng drinnen und man muss ein wenig improvisieren, was Bad und Küche angeht, aber dafür hat es einen wunderbaren großen Naturgarten mit einem riesengroßen alten Kirschbaum. Unsere Vermieterin ist um die 80 und ganz ladylike, gepflegtes Äußeres, lackierte Fingernägel, den passenden dezenten  Lippenstift und ganz unaufdringlichen Schmuck. Ihr weniges Deutsch klingt wunderbar aus ihrem Mund mit ungarischem Akzent. Sie zeigt uns alles und als wir ausgepackt haben, steht sie mit einer Flasche Jägermeister und einer Flasche ungarischem Hochprozentigem vor der Tür. Mit einem breiten Lächeln fragt sie: "Schnaps ?" Hui! Es ist früher Nachmittag und an die 30 Grad! Nein danke, auch aus Höflichkeit können wir jetzt keinen Alkohol trinken! Sie ist nicht enttäuscht, geht mit dem gleichen Lächeln wie sie kam und steht kurze Zeit später mit einem Teller auf der Matte: "Apfälkuuchään?" "Sälbst gebackään!" "Oh, danke, den nehmen wir gerne !" Wir kochen uns eine Tasse Kaffee dazu. Gedeckter Apfelkuchen ist einfach köstlich und nur so können ihn "ältere" Leute backen!

Wir gehen an der Strandpromenade spazieren und baden im flachen Plattensee. Möchte man ein wenig schwimmen, muss man aufpassen, dass man mit seinem Bauch nicht auf Grund läuft!

Die Zeit verfliegt im Nu. Zum Abschied drücken wir unsere Lady und sie verabschiedet sich von uns mit dem Satz: "Im näächstän Jahr kommen wiedär!" "Natürlich, sollte der Balaton wieder auf dem Weg liegen!"

Siofok verlassen wir zunächst in östlicher Richtung, fahren ein Stück am See entlang, um dann Richtung Norden abzubiegen. Wir fahren ein ganz unbekanntes Stück Ungarn, den Bakonywald. Für ungarische Verhältnisse schon ein Gebirge, seine höchste Erhebung, der Köris, liegt auf 704 Metern und die Stadt Zirc ist mit ca. 400 Metern die höchste Siedlung Ungarns. Hier ist die Gegend waldreich, grün, hügelig und kurvenreich. Das Thermometer klettert bis auf 30 Grad und wahrscheinlich nahezu jeder ungarische Biker holt seine Maschine noch einmal aus der Garage, um diese wunderschöne Landschaft bei hochsommerlichen Touren zu genießen! Auch für uns ist diese Strecke eine willkommene Abwechselung auf unserem Weg Richtung Norden.

Wir fahren durch Györ, wo wir auf dem Hinweg vor fast 8 Wochen genächtigt haben, Wir nehmen den Grenzübergang Hegyeshalom/ Nickelsdorf - ich weiß gar nicht mehr, wie oft wir diesen schon passiert haben? - Wir fahren dicht an der Slowakischen Grenze entlang und durchkreuzen Österreich mit einer Pause an der ebenso gleichen Stelle wie auf dem Hinweg, wo wir endlich mal wieder unsere Campingstühle aufbauen. Gut, dass wir sie immer dabei haben! Ganze 4 Mal haben wir sie auf dieser Reise gebraucht!

Hainburg an der Donau, Donaubrücke usw., unsere bekannte Strecke! Diesmal legen wir wieder in Znaim/Tschechien einen Übernachtungsstopp ein. Es sind heute nochmal fast 30 Grad und wir können ein deftiges, tschechisches Dinner an diesem lauen Abend in der Altstadt einnehmen... vermutlich das letzte Mal, dass wir im T-Shirt und kurzen Hosen draußen sitzen können!

Noch eine Übernachtung im Norden Tschechiens und noch ist es am Morgen in Znaim sonnig und trocken. Der Wetterbericht aber verheißt nichts Gutes! Zur Vorsicht knöpfen wir das wetterfeste Innenfutter in unsere Kombis und ich ziehe dickere Socken an. Es wird sich herausstellen, dass das ein gute Idee war, denn das Thermometer steigt den ganzen Tag nicht über 15 Grad, der Himmel verdunkelt sich immer mehr, je weiter wir Richtung Norden kommen und ein kräftiger, kalter Wind weht über die Straßen und Felder. Nach der großen Hitze der letzten Woche friert es sich anscheinend um so mehr, denn ich schlottere wie verrückt. Sogar mein Mann vermeldet, dass ihm kalt ist. 

Ich rede mit den dicken, fast schwarzen Wolke am Himmel: " Bitte, bitte, nicht auch noch Regen!" Und tatsächlich! Sie erhören mich. Bis zu unserem letzten Übernachtungsort in Tschechien, der kleinen Stadt Slovosice an der Elbe fällt kein einziger Tropfen.

Am den späten Nachmittag dann kommt der Regen dann aber doch noch mit Macht, ein hässlicher Wind weht weiterhin, es sind nunmehr ganze 13 Grad und es ist sehr ungemütlich! In der Tat können wir die Sommerkleidung in der Packtasche vergraben und gegen lange Hose, Sweater und Regenjacke tauschen. "Hallo Herbst!"

Wir überlegen, wann wir auf dieser Reise überhaupt einmal Regen hatten? Wir erinnern uns kaum: einmal ganz zu Beginn in Sachsen, einmal ein wenig in Georgien hinter Kutaissi und einen Tag in Wladikawkas, den wir im Hotel abgewartet hatten! Ansonsten hatten wir nur Hitze, Hitze, Hitze!

 

Noch ein Treffen mit Freunden in Schkeuditz und dann - wir können es kaum fassen - werden wir Übermorgen  Zuhause sein!

Ich schließe hier meine Tagebuch!

8 1/2 Wochen voll gepackt mit Motorradmomenten, die nicht abenteuerlicher, ereignisreicher, eindrucksvoller und ungewöhnlicher hätten sein können! Es war das Krasseste, was wir bisher erlebt haben. Körperliche Grenzen mussten wir überschreiten, um voran zu kommen. Sie haben tiefe Spuren in uns hinterlassen.

Probleme konnten wir lösen, so manchen Plan haben wir verworfen, geschafft haben wir letztendlich alles!

 

Werden wir so etwas noch einmal wagen?... 

Ganz sicher nicht!...

Oder?...

Vielleicht!...

Wir werden sehen!...

...wenn all die Blessuren verheilt sind und in unseren Köpfen nur noch die Erinnerungen  verbleiben!

 

Es waren aber wieder die Menschen, denen wir begegnet sind! Sie werden immer unvergessen bleiben!

Ein paar Freunde haben wir hinzu gewonnen.

 

Die Erfahrungen, die wir auch auf dieser Reise gesammelt haben, mögen sie auch noch anstrengend gewesen sein, möchten wir auf keinen Fall missen!

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