Uns Leichtgewichte hat die Brücke ca 100km nördlich von Tiflis natürlich getragen und wir hoffen, dass sie es noch eine Weile für alle anderen Passierenden tun wird!
Die hohen Berge lassen wir erstmal hinter uns und haken ein weiteres Ziel auf unserer ToDo-Liste ab: Tiflis, die Hauptstadt Georgiens.
Die kurze Fahrt sitzen wir auf einer Pobacke ab (und sie tut nach der kurzen Fahrt auch nicht weh!) und begeben uns in den Großstadttrubel der Hauptstadt. Wir haben uns ein privates Apartment am Rande der Stadt ca. 7 Kilometer entfernt von der Altstadt. Im zweiten Stock eines größeren Wohnhauses richten wir uns häuslich ein. Irgendwie gefallen uns solche privaten Unterkünfte mehr als Hotelzimmer. Hier ziehen wir die Tür hinter uns zu und haben unsere Ruhe. Ein kleiner Luxus mit zwei Räumen, einer Küchenzeile und einem kleinen Balkon für wenig Geld.
Tiflis hat etwas mehr als eine Million Einwohner und liegt in einer Gebirgsniederung am Fluss Kura und erstreckt sich auf einer Strecke von ca. 700 km2
Auch georgisch Tbilissi ist sehr angesagt und ist das In-Reiseziel schlechthin! Wir tummeln uns mit unzähligen anderen Touristen aus aller Herren Länder an den üblichen touristischen Sehenswürdigkeiten, von der Friedensbrücke über den Liberty Square bis hin zur Altstadt. Vom Rike Park nehmen wir die 2012 erbaute Seilbahn auf die Narikala Festung, einer mittelalterlichen Festung, von der man einen wunderbaren Blick auf die Altstadt und ganz Tiflis hat. Hier steht auch die 1958 zu Sowjetzeiten erbaute gigantische Statue Mutter Georgiens (Kartilis Deda). Sie symbolisiert die Stadt Tiflis, in der linken Hand hält sie eine Schale Wein für Freunde, in der rechten ein Schwert gegen Feinde. Wir kaufen ein paar kleine Souvenirs und lassen uns treiben.
Die Altstadt platzt in den Hauptstraßen vor lauter ausländischen Gästen, dicht an dicht drängelt man sich durch, hört alle Sprachen dieser Welt, aber wie das fast überall so ist, geht man um 3 Ecken, verläuft sich alles und man fühlt sich dann wieder fast allein.
Unser Fortbewegungsmittel Nummer eins ist das Taxi. Von unserer Unterkunft bis in die Altstadt sind es ca. 7 Kilometer und wir bezahlen zwischen 2 und 7 Euro pro Fahrt, die man immer vorher mit dem Fahrer aushandeln muss. Manche Fahrer meinen es besonders gut mit uns, und obwohl wir die Fahrweise der Georgier bereits zu genüge kennen gelernt haben, möchten sie uns zeigen, wie gut sie ihr Handwerk beherrschen: Abrupter Spurwechsel egal ob rechts oder links mit erheblichem Überschreiten der Geschwindigkeitsbegrenzung vom 60 Km/h. Blinken? nein danke! Am beliebtesten aber ist das Anfahren an roter Ampel, d.h. Vollgas bei Sichtung von rot und kurz vorher Vollbremsung!
Zum Glück erwartet keiner, dass wir beim Aussteigen applaudieren!
Nach der ganzen stressigen Aufregung der letzten Tage haben wir beschlossen, ab jetzt alles entspannter und ruhiger - sofern möglich - anzugehen, Vor Allem wollen wir uns mehr Zeit für unsere Regeneration gönnen, schließlich sind wir nicht mehr die Jüngsten. Das Fahren unter außerordentlichen Bedingungen ist eben anstrengend für uns Oldies!
Aber da haben wir noch unser kleines Sorgenkind: Paul! Die Aussetzer, vor Allem in den in Russland geben meinem lieben Mann einfach keine Ruhe. War es wirklich schlechtes Benzin ? "Am Besten, wir suchen mal eine Werkstatt auf, nur zur Beruhigung! Einfach alles mal durch checken lassen, Tank reinigen und Filter nachschauen. Eigentlich keine große Sache, wir brauchen ja keine Ersatzteile!", teilt er mir mit.
So machen wir uns, neben unseren touristischen Verpflichtungen, auf die Suche nach geeigneter Werkstatt. Hier in der Hauptstadt sind die Chancen am Größten! Die Erste ist sogar fußläufig von unserem Apartment und wir stehen pünktlich nach der angegebenen Öffnungszeit auf der Matte. Ein weiterer Biker mit einer großen Honda wartet auch schon, ein gutes Zeichen: Diese Werkstatt hat wohl Erfahrung! Zum Glück sprechen fast alle Menschen ein recht gutes Englisch. Als der Chef mit einer einstündigen Verspätung den Laden aufschließt und wir unsere Bitte vorbringen, winkt er gleich ab und schüttelt heftig mit dem Kopf. Auch unser freundliches - meist erfolgreiches - Bitten nützt nix. Er sagt bestimmend, er kann das nicht! Wir vermuten, er will einfach nicht! Die Zweite Werkstatt bietet - trotz guter Rezensionen bei Google - schon mal gar keinen Service an, oder man will uns auch hier einfach nur abwimmeln! Okay, alle guten Dinge sind drei: Äußerst versteckt in einer verlassenen Straße in einem Randbezirk mit "Durchfahrt verboten"-Schild, dass wir einfach mal gelassen ignorieren, finden wir mit einem grandiosem Blick über die Stadt (der uns momentan nicht wirklich interessiert), Moto-Laguna, das ebenfalls gute Rezensionen bei Google hat. Die Werkstatt macht einen ordentlichen Eindruck, Motorräder aller Fabrikate warten auf Reparatur oder Wartung. Wir allerdings schauen in ein gelangweiltes Gesicht des Mechanikers. Er wäre alleine, frühstens in 3 Tagen! Wir bitten und betteln und können ihn doch schließlich überzeugen: "Also gut, Morgen Früh um zehn!"
Und wieder einmal stehen wir Punkt zehn auf der Matte. Er meint, in einer Stunde wäre er soweit! "Okay, no problem!" Wie so oft ist Geduld gefragt und was ist schon eine schlappe Stunde? Und tatsächlich um 11.00 Uhr dürfen wir ihm Paul präsentieren. Er prüft und checkt, Bert erklärt ihm seine Vermutungen, baut die Benzinpumpe aus und wieder ein, lässt Sprit ab usw.! Nein alles in Ordnung! Er hat sogar ein Fehlerlesegerät. Auch da nichts Auffälliges! Mittlerweile ist noch ein Kollege hinzu gekommen und unter Berts kritischem Blick wird geschraubt, geschaut und gefachsimpelt. Wir tauschen währenddessen auch ein paar private Informationen aus und palavern während gearbeitet wird. Die Jungs sind ja richtig nett! Aber finden tun sie nichts, gar nichts, auch eine Probefahrt lässt auf keinen Fehler hindeuten. Okay, dann ist eben wirklich nichts, vielleicht doch nur etwas Dreck im Sprit. Er - also Paul - fährt ja und seit dem krassen Vorfall in Alexandrowskoje war ja auch nichts weiter. Also beruhigen wir uns damit, dass tatsächlich nichts mehr sein mag! Und so lässt es sich doch ein wenig entspannter weiterfahren
Tiflis haken wir nun von unserer ToDo Liste ab, aber nach reiflicher Überlegung verzichten wir auf einen Besuch in Armenien, einer Fahrt mit der längsten Seilbahn der Welt und dem Besuch des Kloster Tatevs. Pläne sind halt auch manchmal dazu da, dass man sie umwirft!
Sollte doch etwas mit Paul sein, wären wir in der Türkei am sichersten. Und so begeben wir uns auf unsere letzte Station in Georgien der Stadt Achalziche im Süden des Landes ca. 20 km unweit der türkischen Grenze . Der Ort ist gut 250 Kilometer von Tiflis entfernt, wir kommen gut voran, die Strecke führt durch nicht mehr ganz so hohe Berge. Lang geschwungene Kurven, tolle Landschaft! Wir können wieder genießen. Aber so lange gewährt der Genuss nicht. Kurz vor dem Ziel hat Paul wieder einen Aussetzer. Und dann noch einen und wir erreichen mit Ach und krach unsere Unterkunft. Wir sind jetzt über 250 Kilometer problemlos gefahren, davor bis Tiflis auch und jetzt sowas! Unsere Laune, besonders die meines Mannes, ist im Keller, nein im tiefsten Untergrund! Alles ist so unerklärlich! Warum immer wir? Hat es mit dem Schwimmer im Tank zutun? Der, wenn der Tank nur ein Drittel voll ist, einen Kurzschluss verursacht?
Ach, letztendlich nützen uns alle Erklärungen nichts, auch das Aufsuchen einer neuen Werkstatt wäre völlig sinnlos. Aufgeben? Auf keinen Fall, da hatten wir doch schon ganz andere Herausforderungen! Nach vielen kontroversen Diskussionen entscheiden wir uns, so weiter zu machen, wie bisher und... wir ignorieren einfach Pauls Unbefindlichkeiten!
Achalziche hat eine große Festungsanlage, die bis über die Landesgrenze ziemlich bekannt ist und da wir ja beschlossen haben, alles etwas langsamer angehen zu lassen, beschließen wir auch hier einen Tag dran zu hängen. Unser privates Zimmer im unteren Teil der Stadt ist leider ausgebucht, aber zufällig haben die Eltern unserer Vermieterin im oberen Teil des Ortes ebenfalls Zimmer zu vermieten.

Wir lernen PiaoPiao und Katharina und Anton kennen. Wie unschwer am Namen zu erkennen ist, ist PiaoPiao Chinesin und wohnt in einem von zwei privat vermieteten Zimmern über uns. Sie ist 41 Jahre jung, die man ihr wirklich nicht ansieht, klein, zierlich und stets ein Lächeln im Gesicht! Und... Sie ist mit einem kleinen Roller in der Welt unterwegs. Von China nach Kasachstan, nach Russland und Europa. In Deutschland war sie auch schon! Noch dazu ist sie ihres Zeichens TikTok Influencerin! Oder so ähnlich! TikTok? Keine Ahnung! Sie betont: TikTok China, nicht TikTok International! Ach, all das Social Media Kram! Ich bemühe mich ja, da ein wenig mitzuhalten, aber das übersteigt wirklich mein Mithaltevermögen. Wir sind alt, wir sind da raus!
PiaoPiao produziert ihre Influenzer Videos mit einer Handykamera und einer Actioncam ganz mühelos sitzend vor unserer Herberge. Die abgehackte Stimme in einer so fremden Sprache dringt aber dennoch ganz sympathisch zu uns rüber! Sie lächelt zu uns rüber! Und sie ist genauso fasziniert von uns wie wir von ihr. Wir: "Wow, eine junge Frau, ganz alleine mit einem Roller von China nach Europa!" Und sie (wahrscheinlich): "Wow ein älteres Paar aus Deutschland mit zwei Motorrädern unterwegs von Deutschland nach Georgien und noch weiter!" Wir kommen ins Gespräch und die Sympathie liegt auf beiden Seiten. Und so kommt es, dass sie uns ständig filmt und wir ihr regelrecht nicht nur ein sondern gleich mehrere Interviews geben!
Nebenbei ziehen wir im Ort "ein paar Etagen" höher. Steil bergauf führt der Weg zur nächsten Unterkunft. Rumpelig ist er, immer wieder verzweigt er sich und unsere Navis Sind hier absolut ungenau und überfordert. Es stehen nur noch einzelne Häuser zersiedelt und einzeln dort oben. Kein Wegweiser zu unserer Unterkunft.... Nichts! Wir müssen auf engstem Raum wenden und ich bin schon wieder mit den Nerven am Ende. Mein lieber Mann - was wäre ich doch ohne ihn? - hilft mir aus der Patsche, zieht mich und vor allem die Paula aus einem Schlagloch. Durch geschwitzt stehen wir mal wieder ahnungslos aufm Berg und blicken uns um: rechts, links, hier irgendwo muss es doch sein! Unsere Vermieterin hat es doch beschrieben. Auf dem zweiten Blick sehen wir es genau vor uns: ja, da ist es, genau vor uns! Wir sind erst vorbei gefahren. Bert erkennt es genau mit seinem Fotogedächtnis!
Der Ort ist ruhig und wir haben von hier oben einen tollen Blick auf die Burg, das Zimmer georgisch gemütlich und die Eltern der Vermieter georgisch gastfreundlich! Uns mangelt es also an nichts! Und der Weg hier hoch hat sich wirklich gelohnt! Vor Allem nach einer Dusche und einer kühlen Limo von den Vermietern sieht die Welt doch gleich anders aus!
Und wenn wir schon mal einen Tag vertrödeln, dann machen wir auch gleich mal eine kleine Wanderung zur Burg. Die Festung stammt ursprünglich aus dem 13. Jhrdt.. Sie umfasst mehrere nach und nach gebaute armenische Kirchen, Synagogen, orthodoxe Kirchen und Moscheen, aller Jahrhunderte und Stile. Das Areal wurde in den Jahren 2011/12 umfassend restauriert und von hier oben hat man einen Rundumblick auf die gesamte Region.
Unterhalb der Burg gibt ein paar nette Lokale, wo man gemütlich mit Blick auf die Burg sitzen kann. Wir bestellen uns ein paar Leckereien und als wir ganz genüsslich unser Bier schlürfen, kommt ein Paar direkt mit dem Satz: "Hallo, ihr seid doch Sabine und Bert, nicht wahr?" auf uns zu .Wir sind baff, denn wir kennen die Beiden nicht! Es sind Katharina und Anton aus dem Berchtesgardener Land. "Was für ein Zufall! Wir schauen regelmäßig eure Videos auf YouTube!", so gleich Katharina. Die große GS, mit der sie unterwegs sind, haben wir schon auf dem Parkplatz nebenan gesehen, sie sind in Begleitung von einem anderen GS Fahrer aus Tirol. Wir plaudern so entspannt eine Weile- sie sind zum ersten mal in Georgien - und tauschen Reiseerfahrungen aus. Wir verlassen das Lokal mit einer Einladung ins Berchtesgardener Land! Vielen Dank!
Gute Fahrt Katharina und Anton und viel Spaß in Georgien!
Dass man uns sogar ohne Assoziation mit dem Motorrad in "Privatkleidung" erkannt hat, ehrt uns wirklich sehr!
Für uns ist Georgien nun für dieses Jahr abgeschlossen, wir fahren Morgen weiter Richtung Türkei!

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Sabine und Rüdiger (Montag, 01 September 2025 09:47)
Bei euch ist und bleibt es einfach spannend. Wir drücken die Daumen, dass Paul durchhält! LG
Christian Hammann (Mittwoch, 03 September 2025 09:35)
Diese Probleme mit Paul erlebe ich ja gerade selber, aber eben nicht soooo weit weg wie Ihr...haltet durch....Umarmung Euer Chrischaaan