Obwohl ich das sicher schon (ich habe nicht einmal nach gelesen) in verschiedenen Tagebucheinträgen geschrieben habe, hier nochmal ein paar Eckdaten:
Georgien! Das Land, gehört geographisch zu Vorderasien, aber kulturell und politisch kann man es durchaus Europa zuordnen. Es grenzt im Westen an das Schwarze Meer, es hat Grenzen mit der Türkei, Armenien, Aserbaidschan und Russland. Auf der Landkarte sieht es ziemlich groß aus, ist aber in etwa nur so groß wie Bayern. Ca. 85% des Landes ist mit teils sehr hohen Bergen bedeckt, der Höchste ist der Schchara mit 5201 m. Das Land ist dünn besiedelt und die Mehrheit der Menschen lebt in den Städten, Batumi, Kutaissi, Rustawi sowie der Hauptstadt Tiflis, die wir vielleicht noch im Laufe dieser Reise besuchen werden.
In Batumi empfängt uns nicht nur eine schwüle Hitze, sondern auch ein sehr chaotischer Straßenverkehr, den ich schon fast vergessen hatte. So zügig wie möglich, aber ohne zu hetzen wollen wir auf die georgische Heerstraße gelangen und möglichst nahe an die Russische Grenze gelangen. Weg vom Hafengelände geht es ziemlich schnell raus aus Batumi, so denken wir, wenn wir auch das Navi gut interpretieren könnten! Wir biegen gleich mal falsch ab und schwupp sind wir verloren, die Straße führt ins nichts. Wir müssen auf dem engen Weg wenden. bellende und zähnefletschende Hunde flößen mir wieder ordentlichen Respekt ein und man muss höllisch aufpassen, dass einem nicht einer vor die Räder läuft. Die ganze Aktion kostet uns mal wieder reichlich Zeit, aber irgendwann nach ein paar Abbiegungen finden wir uns auf der richtigen Straße wieder. Sicher mag es in Fernost und Indien noch chaotischer zugehen. Rumänien, Bulgarien und vor Allem die Türkei sind auch nicht ohne, aber wir als Führer eines Fahrzeugs, haben noch nichts vergleichbar Schlimmeres erlebt. Jeder scheint hier seine eigenen Regeln zu machen und besonders eilig hat es jeder Verkehrsteilnehmer. Man fährt gerne mit Vollgas, um an der nächsten Ampel eine Vollbremsung hinzulegen. Na, wenigstens hält man sich weitgehend an rot und grün. Aus zwei Fahrspuren macht man gerne mal Vier. Drängeln, Quetschen, Hupen, das die sind die Lieblingsbeschäftigungen eines jeden georgischen Verkehrsteilnehmers, Man kreuzt auch gerne von der ganz linken auf die ganz rechte Fahrspur oder wendet gar urplötzlich ganz, ohne dies anzuzeigen. Blinken ist wirklich vollkommen überbewertet. Uns stresst das leider ganz schön und wir haben manchmal Schwierigkeiten, zusammen zu bleiben.
Wir haben ein nicht ganz so weit entferntes Ziel ausgewählt: das 150 km entfernte Kutaissi, mit ca. 140.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Georgiens.
Um möglichst zügig voran zu kommen, wählen wir ein Stück Autobahn, auf der zum Glück nicht so viel los ist. Schließlich ist schon früher Nachmittag und wir haben noch einige Erledigungen zu machen: Geld ziehen, SIM-Karte kaufen und auch die nötige extra KFZ-Versicherung besorgen, die jedes ausländische KFZ braucht. Daher haben wir eine Unterkunft in der City gewählt, umgeben von Restaurants und Bars. Das Haus unserer privaten Unterkunft ähnelt einer alten Villa. Von außen bröselt der weiße Putz der Fassade. Wir können die Mopeds direkt am Eingang parken. Kati, die Hausherrin passt äußerlich perfekt zur Fassade der Villa. Eine Seniorin, vielleicht Anfang/Mitte siebzig. Ich stelle sie mir als Mitglied einer alten, verarmten , georgischen Adelsfamilie vor! Sie hat ein geblümtes, wallendes Trägerkleid an und ihr Mund ist etwas überschminkt. Mit einer leicht aufgesetzten Freundlichkeit führt sie uns in ihre Gemäuer. Die Möbel des Souterrains wirken antiquiert und eine ausfallende breite Treppe führt hoch zu unserem Zimmer. Sie vermietet mehrere Zimmer, um ihr Einkommen aufzubessern, so erzählt sie uns. Ihr Mann war Arzt und ist schon länger verstorben, berichtet sie in einem weinerlichen Ton. Unser Zimmer ist zwar groß, aber nicht gerade zweckmäßig eingerichtet, nach hinten hat es einen kleinen, leider nicht nutzbaren Balkon. Hier ist die Fassade nicht verputzt und wir blicken auf eine bereits zugewucherte Bauruine. Uns reicht das aber zum Schlafen und im Preis inbegriffen haben wir sogar ein Frühstück.
Über die weiße Brücke, ein Wahrzeichen der Stadt gelangen wir schnell in die Innenstadt. Etwas Bares ist schnell besorgt, der Erwerb einer SIM Karte und der dringend benötigten Versicherung hingegen gestaltet sich doch als etwas Nerviges und Zeitaufwendiges. Wir waren so froh, dass Hafengelände möglichst schnell zu verlassen, um gleich Gas zu geben können, die Buden für Mobilfunkanbieter und Versicherungen sehen wir nur im Augenwinkel und fahren glatt vorbei. "Ach, wird schon was in der drittgrößten Stadt Georgiens geben!"
Und nun stehen wir da und suchen uns tot. Alle Schilder sind in Würmchenschrift, die lateinischen Worte stehen, meist klein darunter! Mit einem "selbst Schuld" irren wir ein wenig umher, Passanten, die wir fragen, schicken uns in entgegen gesetzte Richtungen. Endlich im entsprechenden Laden angekommen, müssen wir warten, eine lange Schlange ebenfalls Wartender steht vor uns! Dafür verlassen wir mit unbegrenztem Internetvolumen für 30 Tage den Laden wieder! Bei der Versicherungsagentur sind wir nicht so fündig, wir schauen immer nur in ratlose Gesichter und ernten Achselzucken bei der Frage nach der "Compulsory insurance for motorbikes". Irgendwer hat uns gesagt, dass das auch ganz bequem online geht. So setzen wir uns als perfekte Onlineformularausfüller in ein Café und machen uns ans Werk! Stimmt, geht ganz schnell und unkompliziert! Haha, wir brauchen mehr als eine Stunde bis wir endlich die entsprechende positive Email erhalten. In Georgien ist es ganz besonders wichtig, so eine Versicherung abzuschließen, denn bei der Ausreise könnte man unter Umständen Schwierigkeiten bekommen und müsste unter Umständen eine Strafe zahlen. Es ist spät, wir sind gestresst! Der Trubel der Großstadt tut seines dazu. Auf Sehenswürdigkeiten können und mögen wir uns nicht einlassen. Ich mache schnell ein/zwei Fotos von der weißen Brücke, die im 18. Jhrt. erbaut wurde und über den Fluss Rioni führt. Über diese Fußgängerbrücke gelangt man in die Altstadt und in unsere Unterkunft. Zum Glück waren wir vor Jahren schon einmal in Kutaissi. Um den imposanten Colchis Springbrunnen sind wir damals schon gefahren, um den ein Kreisverkehr mit diversen Spuren und dem üblichen hektischem Verkehr führt. Wir hauen uns nur noch den Bauch in einem überfüllten Restaurant mit gehörigem Lautstärkepegel voll.
Der Ventilator im Bad, der sich nicht abstellen lässt, läuft mit einem ständigen Knarzen die ganze Nacht und stört unsere Nachtruhe. Lady Kati kredenzt uns ein echt georgisches Frühstück mit Tomaten-Gurkensalat, Blätterteigröllchen, gefüllt mit Kartoffelbrei und Früchtetee. Andere Länder, andere Essgewohnheiten!
Unser nächstes Ziel ist der Wintersportort Gudauri auf der 207km langen Georgischen Heerstraße, die die Hauptsatdt Tiflis mit Wladikawkas, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Nordossetien/Alanien verbindet. Von Kutaissi aus fahren wir wieder teils Autobahn und durch unzählige aber gut ausgebaute und beleuchtete Tunnel. An den Landstraßen reihen sich Händler an Händler, Körbe, Schaukelstühle, Besen und alles, was es früher bei uns in einem Gemischtwarenhändler gab, auch Obst - und Gemüsestände und allerhand Fressbuden fehlen nicht.
Auf der Heerstraße geht es weiter auf den Kreuzpass, dessen Passhöhe auf 2379m Höhe liegt. Wir schrauben uns auf der sehr stark befahrenen teils engen Straße mit mäßiger Seitenbegrenzung und Leitplanken nach oben, immer damit rechnend, dass einem in einer Kurve ein verrückter Autofahrer überholt. Wir selbst werden auch ständig halsbrecherisch überholt und geschnitten. Überhöhte Geschwindigkeit ist auch hier auf dieser Passstraße an der Tagesordnung. Für die Schönheit der Natur haben wir bei diesem Verkehr leider keinen Sinn.
Gudauri liegt auf 2196 am Fuße des 3006 m hohen Berg Kudebi. Hier haben wir ein Hotelzimmer gebucht. Dann passiert ES auf dem Parkplatz!: -ich bemerke nicht, dass er (der Parkplatz) etwas quer zum Motorrad abschüssig verläuft. Ich denke, ich habe festen Boden unter mir, hab ich aber nicht. Huch, mir fehlen auf einmal ein paar Zentimeter Beinlänge! Der Kipppunkt ist überritten, Paula ist nicht mehr zu halten! Und da mein lieber Mann bereits ziemlich eng neben mir geparkt und noch nicht abgestiegen ist, nehme ich ihn auch noch mit! Und Platsch liegen wir Beide, Paul und Paula auf dem schottrigen Parkplatz! Gleich kommt jemand zur Hilfe geeilt. "Nein, nichts passiert! Beide unsere Körper sind heile, nicht mal einen blauen Fleck tragen wir davon, dank Sturzbügel und Koffer! Ein starker Mann hilft gleich beide Maschine aufzustellen. Paul glänzt in seinem silbergrau als wenn nichts passiert wäre! Aber die liebe Paula hat ihren linken (den wichtigen) Spiegel verloren und die Navihalterung ist abgebrochen! Ich zittere und die ganze Angelegenheit ist mir furchtbar peinlich. Vor Allem zweifele ich mal wieder sehr stark an mir selbst. Ich will sofort die Tour abbrechen und nach Hause! Ach, mein lieber Mann! Er schüttelt mich fast! "Nix passiert! Beruhig` dich! Umfaller passieren, das hat nichts mit deinem Fahrkönnen zutun." Und er endet mit den Worten: "Umdrehen und Kneifen gilt nicht!" Es dauert ziemlich lange, bis ich meine Fassung wieder erringe.
Wir checken in dem schönen Hotel am Ende des Ortes ein, haben von unserem Zimmer einen wunderbaren Bergblick! Die überwältigende Natur wird mir erst jetzt bewusst! Glück haben wir auch mit dem Wetter, Sonne ein paar Wolken und eine wunderbare frische 15 Grad-Luft auf 2000m. Um uns, vor Allem mich, etwas abzulenken wollen wir einen kleinen Spaziergang runter in den Ort machen. Aber für Fußgänger ist hier nichts vor gesehen. Wir laufen die Straße abwärts und kommen gerade ein paar Meter weit ins nächste Lokal. Selbstmörderisch wollen wir nicht von einem der bekloppten Autofahrer auf die Hörner genommen werden!
Wir buchen noch eine zusätzliche Nacht, damit mein Bert Zeit hat, das Spiegel- Naviproblem zu lösen! Ich bin mir sicher, er tüftelt so lange, bis er eine zündende Antwort gefunden hat! Natürlich findet er diese! Da das Gewinde nicht ganz defekt war, friemelt er so lange, feilt solange bis alles wieder passt und bombenfest sitzt. Freudig präsentiert er mir das Ergebnis seiner Schrauber- und Tüftelerkunst mit Worten: "War was?"
Wir befinden uns mitten im Kaukasus. Kneif mich mal jemand, es fühlt sich alles so unwirklich an!
Und Morgen werden wir uns mit einem fetten Kloß im Hals und einen dicken Stein auf den Herzen
auf das wahrscheinlich größte Abenteuer dieser Tour begeben. Wir machen uns auf den Weg mit unserem
E-Visum zur russischen Grenze! Noch 40 km bis Russland! So unbeschwert wie vor 7 Jahren fahren wir auf diese Grenze nicht zu, Angst haben wir aber keine!
Wir haben den ganz festen Willen, unser Ziel - Elista, die Hauptstadt Kalmückiens - erreichen!
Kurze Info für alle Freunde und Mitleser:
Es kann sein, dass wir für einige Zeit nicht online sein können. Das ist kein Grund zur Sorge!
Diesen Reisebucheintrag veröffentliche noch heute Abend, am Abend des 13. August.
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Angelika (Mittwoch, 13 August 2025 23:17)
Erster �
Meine Güte,was für einen Stress ihr da habt.��
Respekt,dass ihr dieses so durchzieht.Es kommen auch wieder ruhigere Abschnitte und ihr könnt die Gegend dann in vollen Zügen genießen .
Hinfallen, aufstehen,Krönchen richten,weiter ��
Passt auf euch auf,tolles Abenteuer.
Liebe Grüße aus Mönchengladbach �
Angelika (Mittwoch, 13 August 2025 23:19)
Wieso ist mein Kommentar zwei Mal drin?�
Angelika (Mittwoch, 13 August 2025 23:23)
Jetzt nicht mehr,versteh das einer.
Gute Nacht �