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Das große Abenteuer fängt klein an!

Eine große Reise steht bevor und das fordert alle Beteiligten doch ein wenig! Uns so geht es wohl ohne ein leichtes Ehedrama nicht! Hektik und Nervosität suchen sich den Weg nach draußen. Es geht um die üblichen Lapalien, eigentlich voll unwichtige Dinge und einfach nur zwei Meinungen, die aufeinander prallen. Das übliche Tröpfchen was das Fass zum überlaufen bringt, hat sich schnell gebildet. Ein Wort ergibt das andere. Und?... Und natürlich nichts! Wie so immer sind im Nu auch jetzt die dunklen Wolken verzogen, alle Unstimmigkeiten sind schnell beiseite geräumt und wir finden in null Komma nichts wieder einen gemeinsamen Nenner.

Alle Vorkehrungen sind getroffen, alles ist gecheckt: Pass, Papiere, die nötigen Versicherungen, das Visum für Russland! Alles ist an Ort und Stelle, das Gepäck aufgeschnallt. Es kann los gehen. Die Nachbarn verbschieden uns mit den besten Wünschen. "Gute Reise!" , "Kommt gesund wieder!" "Passt auf euch auf!" Wir umarmen uns, starten, winken und geben Gas. Am Ende unserer heimischen Straße sehen wir sie verzerrt im Rückspiegel, immer noch winkend. Sie bleiben Heim, uns zieht es in die Ferne.

 

Die Ferne, das ist zunächst das 350 km entfernte Örtchen Tharandt in Sachsen. Hier haben wir uns in einer kleinen Pension südwestlich von Dresden ein für deutsche Verhältnisse günstiges Zimmer in einer Pension mit Gasthaus eingebucht.

Hochsommerlich warm ist es gerade nicht, jetzt Ende Juli. Aber die Voraussetzungen für das  Losfahrwetter sind ganz gut, 20 Grad, zwar stark bewölkt, aber trocken. Das Ortsausgangsschild - immer dieser markante Punkt meines "Tschüss-Sagens" - huscht schnell an mir vorbei, als wolle es sagen: "Zieh den Abschied nicht so in die Länge, fasse dich kurz!" Und: "Übertreib mal nicht, du bist ja bald wieder da!" Also sage ich in Gedanken ganz schnell, kurz und knapp einfach nur "Tschüß!"

Aber trotzdem verlassen wir mit gemischten Gefühlen unseren Heimatort Richtung Südost und fahren - entgegen unserer Gepflogenheiten ein kleines Stück Autobahn, um voran zu kommen, denn es ist bereits mittags. Als wir die Abfahrt nehmen, ist die Gegend schon unbekannt für uns, Sachsen-Anhalt, Thüringen. Kleine Orte, dicke Wolken, kleinere Schauer zwischendurch, aber auch längere trockene Abschnitte.

In Deutschland wird gebaut, das ist auch gut so! Marode Straßen werden hoffentlich nicht nur geflickt sondern gut ausgebaut. Eine Umleitung hier, eine Straßensperrung da! Na gut, wenn es der Erneuerung (Deutschlands!) hilft, wollen wir mal nicht genervt sein. Entspannt nehmen wir das "Mehr" an Kilometern auf uns.

Gut 100 km vorm Ziel trifft uns das voraus gesagte miese Wetter dann doch noch. Die Wolken hängen nicht nur tief und sind grau, nein, sie bringen uns Dunkelheit und einen fetten Landregen. Ja! Die Natur braucht´s! Unsere Kombis halten alles ab, nur die Haut der Hände wird vor Nässe schrumpelig. Dünne Handschuhe halten eben nicht dicht. Unsere kleine sächsische Pension ist endlich der rettende Anker. Wir sind froh, unser erstes Ziel erreicht zu haben. Kaum angekommen, verziehen sich die dicken, grauen Wolken und es hört auf zu regnen. Die Sonne strahlt zwar nicht aus voller Kraft, aber wir sehen wenigstens ein kleines Stück blauen Himmel!

Hier sind wir schon einmal vor Jahren eingekehrt! Wir erinnern uns an die steilen Aufstieg zu den Zimmern. Wir beziehen unsere Bleibe der in die Jahre gekommenen kleinen Pension am Rande des Städtchens. Unser Zimmer ist in einem  ordentlichen und sauberen Zustand, es gibt nichts zu beanstanden. Vor Allem der günstige Preis (Man muss schon suchen, um so etwas zu finden) ist einmalig. Urlaub machen in Deutschland ist teuer geworden! (Bei allem Verständnis, dass Hoteliers und Pensionsbetreiber über die Runden kommen müssen!)

Nach einem kleinen Spaziergang haben wir mächtig Hunger. In der  Gaststube sind einige Tische belegt. Ein gutes Zeichen, so denken wir! Nichts hat sich  hier verändert. Die Zeit scheint stehen geblieben sein. Die Uhr ist nicht nur um ein paar Jahre zurück gedreht. Nein, es sind wohl Jahrzehnte. Das verrät nicht nur das Ambiente des Lokals, sondern auch der Geruch! Der Geruch der Siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hängt immer noch in der Luft! Die Wirtsfrau flitzt von Tisch zu Tisch. Mit einer bewusst freundlich wirkenden Art kann sie aber einen leicht genervt stressigen Ausdruck nicht verbergen!

Auf der Speisekarte entdecken wir Bockwurst, Leberkäs, Strammer Max, Soljanka, Ragout Fin! Unsere Wahl ist aber schnell getroffen, wir entscheiden uns für das Tagesgericht, was wir außerhalb der Speisekarte auf einer Tafel entdecken: "Jägerschnitzel mit Pommes und Spiegelei"... Moment mal: Jägerschnitzel mit Spiegelei? Eine interessante Mischung!

Unsere Gastgeberin nimmt unsere Bestellung  mit einem besonderen Lächeln entgegen, Die Frage nach Bratkartoffeln anstatt Pommes beantwortet sie mit einem kurzen "Nu". (Die Interjektion Nu [nʊʔ] ist ein regional verbreiteter Ausdruck für „ja“ in Sachsen Meißnerische, Lausitzische Dialkete usw.! ... so heißt es laut Wikipedia).

 

Jede deutsche Region beheimatet ja so ihre Eigenarten, besonders, was kulinarische Raffinessen angeht, so auch Sachsen. Denn hier definiert man Jägerschnitzel eben ganz anders! Nicht so wie wir es verbinden, nämlich mit einem panierten Schweineschnitzel und Pilzsoße. Nein, hier bekommen wir eine deftig, dicke, panierte und in reichlich Fett gebratene Scheibe Jagdwurst mit einem Topping von zwei Spiegeleiern. Da wir es uns nicht gleich mit der resoluten Wirtsfrau verscherzen wollen, reklamieren wir nicht, sondern essen brav unseren Teller leer. Am nächsten Morgen kann ich mir die höfliche Frage nicht verkneifen, was es mit dem Jägerschnitzel auf sich hat? So richtig mag sie sich nicht erklären und meint, dass wir (und meint wohl: "ihr da im Westen") es unter dem Namen Räuberbraten kennen müssten. Nein, so kenne ich das nicht, mag aber auch in keine Diskussion über kulinarische Highlights Sachsens einsteigen! Einzig der günstige Preis für das "Jägerschnitzel" hätte uns stutzig machen müssen! Sie gibt uns noch ein paar nostalgische Sätze über die ehemalige DDR und dem "Ossi-Dasein" mit auf den Weg, die noch lange nachhallen! Nein, hier sind Ost und West - auch über 30 Jahre - (noch)  nicht zusammen gewachsen! Wir verabschieden uns höflich.

Die Sonne versteckt sich zwar am Morgen noch hinter dicken grauen Wolken, aber es ist trocken als wir nach einem guten Frühstück in der kleinen Pension weiter Richtung Südost aufbrechen. Wir fahren eine wunderschöne Strecke mit lang geschwungenen Kurven bergauf und bergrunter durch den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge  und am Übergang Zinnwald passieren wir die deutsch/tschechische Grenze.

Auf halben Weg zu unserem nächsten Übernachtungsort - am Stadtrand von Prag - treffen wir unseren Sohn, der gerade mit seiner Freundin auf Städtereise ist. Ein kurzes Kaffeetrinken und ein Plausch und weiter geht es für uns. Hinter Prag fahren wir ein Stück die E50, Hauptstrecke nach Brünn, bis uns der starke Verkehr und die Schnur gerade Strecke auf die Nerven geht. Einen Umweg nehmen wir dieses Mal gerne in Kauf und wir fahren auf einer kleinen, feinen böhmischen Nebenstrecke bis zum nächsten Etappenziel, der 10.000 Einwohner zählenden kleinen Stadt Humpolec. Hier erwartet uns ein geräumiges Apartment, an dem es wirklich nichts auszusetzen gibt. Ein besonderes Essen in einem Biergartenrestaurant um die Ecke und wir fallen beseelt in die Federn!

Die Nacht war richtig kalt und es sind gerade mal 13 Grad als wir Humpolec verlassen. Es ist trocken und wir schweben über die leicht hügelige Landschaft Tschechiens. Es klart immer mehr auf und bis Erreichen der österreichischen Grenze hinter Znoimo/Znaim klettert das Thermometer auf 20 Grad. Wir durchkreuzen Österreich auf bekannter Strecke, Hainburg an der Donau, die Donaubrücke und östlich vorbei an Wien. Endlich können wir bei einem Pausen Stopp unsere Campingstühle aufbauen, unsere Beine ausstrecken und unsere Seele baumeln lassen! Genau das ist es, was wir so lieben!

Bei einem kritischen Blick auf unsere Maschinen, fällt meinem lieben Mann auf, dass die Kette von Paula nicht ganz in Ordnung ist. "Klappert sie?" "Ja, manchmal!" "Das dürfte nach nur 1000 km nicht sein!" Er spannt sie nach mit den Worten: "Das behalten wir mal im Auge!" Was allerdings noch seltsamer ist, dass sie seit Kurzem immer etwas gequält anspringt. Wenn ihr versteht, was ich meine. Sie blubbt kurz und startet erst dann den Motor. Schnell bin ich beruhigt, als Paula mit einem nur kaum hörbaren Seufzer anspringt. Ach was! Alles Einbildung! Die Batterie ist neu und der Ladestrom wurde erst vor ein paar Tagen in unserer Werkstatt kontrolliert. Alles in Ordnung! Also, ich beruhige mich! Da kann nix sein! Aber ich erkenne ebenfalls ganz deutlich Sorgenfalten auf der Stirn meines Mannes!

Bis ins ungarische Györ ist es nicht mehr weit. Wir erreichen es zügig. Hier erwartet uns wieder ein kleines Apartment, an dem es wirklich nichts auszusetzen gibt. Es ist sauber geräumig und ruhig. Die Temperaturen klettern endlich auf sommerliche Werte, wir schlendern im T-Shirt durch die Stadt, essen, schlafen und weiter geht es.

 

Ein kleiner... nein heute ein etwas stärkerer Seufzer von Paula, aber ein wenig am Gashahn drehen und sie läuft einwandfrei! Also, auf zum nächsten Ziel und zum nächsten Land: die kleine Stadt Subotica in Nord - Serbien, einen Katzensprung von der ungarischen Grenze entfernt.

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Kommentare: 12
  • #1

    heidrun (Freitag, 01 August 2025 09:36)

    Jägerschnitzel, is klar :-)

  • #2

    Melanie (Freitag, 01 August 2025 11:14)

    Das gute alte Jägerschnitzel-Ost �
    Passt gut auf euch auf und genießt eure Reise.

  • #3

    Maik und Elke (Freitag, 01 August 2025 11:17)

    Liebe Sabine und Bert, na da habt ihr schon ordentlich Strecke gemacht. Das Gasthaus in Tharandt muss ich mal aufsuchen. Das wäre mal ein Ziel für eine kleine Ausfahrt. Weiterhin gute Fahrt. Liebe Grüße von Maik und Elke aus Schkeuditz

  • #4

    Katy (Freitag, 01 August 2025 11:18)

    Es macht Spaß zu lesen, sehr schön geschrieben. Ich freue mich auf mehr�

  • #5

    Chrissy (Freitag, 01 August 2025 11:25)

    Sehr schön wieder,euer erster Bericht.
    Zu dem Ausdruck " nu" kann ich euch sagen, dass es übersetzt...ja ,natürlich..bedeutet � ja und so bekamen wir früher auch immer unser Jägerschnitzel� aber da scheint die Zeit wirklich stehen geblieben zu sein.
    Gute Weiterreise ihr Lieben und hoffentlich bleibt Paula heile�

  • #6

    Patricia (Freitag, 01 August 2025 11:54)

    Super freue mich wieder was von euch zu lesen. Das 1. Kapitel war ja schonmal interessant � wünsche euch eine schöne weiterfahrt .

  • #7

    Klaus (Freitag, 01 August 2025 13:22)

    Hallo und gute Reise
    Hat die Pension auch einen Namen? Bin richtig neugierig geworden.
    Euch eine schöne Zeit

  • #8

    Petra (Freitag, 01 August 2025 14:22)

    Liebe Sabine, du schreibst immer so toll. Ich kann gut mit dir fühlen. Für Paula drücke ich beide Daumen, das sie brav läuft und läuft…… Habt eine tolle Zeit unterwegs. Ich freu mich schon wieder bald von euch zu lesen. Liebe Grüße Petra

  • #9

    Christian Hammann (Freitag, 01 August 2025 16:35)

    Liebe Freunde, ich rieche fast die Luft im Lokal der Muddi...und für Paula. Toi,Toi,Toi.Liebe Grüße Euer Chrischaaan

  • #10

    Tanja Jose (Freitag, 01 August 2025 17:34)

    Hey liebe Sabine, ist wieder ein toller Bericht! � Ich wünsche euch allzeit gute Fahrt, passt auf euch auf. Alle Daumen sind gedrückt, für Paula, Wetter, Straßen und Grenzen. Viele schöne Eindrücke und Bekanntschaften. Liebe Grüße Tanja ��

  • #11

    Sabine und Rüdiger (Freitag, 01 August 2025 18:38)

    Schon der erste Teil (Vorbereitung) war sehr interessant, wir haben uns gleich auch erinnert , was ihr alles schon erlebt habt. Und auch dieser zweite Teil gibt das Gefühl, wir sind fast dabei.
    Toi toi toi , hoffentlich hält Paula durch!!! Weiterhin gute Fahrt!!! Die Peiner Sabine und Rüdiger

  • #12

    Steffi (Freitag, 01 August 2025 19:06)

    Ihr Lieben, da sind sie ja schon die ersten Erlebnisse. Habt eine gute Fahrt, ab jetzt trockenes Wetter und schöne Eindrücke. Liebe Grüße