· 

Armenien II Sewansee, Jerewan


Ein Herz, ein See, ein Berg... im Land der Kringelschrift


Das Armenische Alphabet - Հայոց գրեր - umfasst 38 Buchstaben, welche wir wirklich lustig finden...

 

Ausgeruht, Dank des fahrfreien und relaxten Tages und der wunderbaren privaten Museumsunterkunft verlassen wir Gjumri.

130 km bis zum Sewansee werden wir ja wohl ganz locker auch unter erschwerten Bedingungen schaffen! In der Tat, es ist außer ein paar irrer Verkehrsteilnehmer nicht viel los auf der Strecke, die Straße ist in einem guten Zustand, die Landschaft ist grün und weit! nur in den kleinen Städten wird es holprig, schlaglöchrig und anstrengend bevor wir zum See gelangen, müssen wir noch einen 3 km langen, schlecht beleuchteten Tunnel durchfahren. Tunnel, gerade wenn sie so sind wie dieser, sind nicht gerade meine Spezialität und ich bin immer froh, wenn sich ein Lichtkegel zeigt, der das Ende des Dunkels anzeigt. Die schlechte Beleuchtung ist es gar, was diesen Tunnel ausmacht, sondern es ist die schlechte oder eher fehlende Belüftung. Im Scheinwerferlicht sieht man die wabernden Abgasnebel der vor uns fahrenden Fahrzeuge. 3 Km können sich ganz schön lang anfühlen. Ich bin ja normalerweise nicht so empfindlich, aber nach gut der Hälfte macht sich ein Kratzen in meinem Hals breit. Ich fahre auch noch mit offenen Helm, mit Visier unten kann ich nämlich schlechter sehen. Gut, dass ich Harrys Rücklichter vor mir habe! Noch dazu habe ich heute mein Halstuch nicht um, was ich hätte über Mund und Nase ziehen können. Aber  das rettende Licht kommt gerade rechtzeitig, bevor ich wahrscheinlich einen Hustenanfall bekommen hätte.

Der Sewansee ist mit einer Länge von 78 km und maximal 56 km Breite auf knapp 2000m Höhe der größte Süßwassersee im gesamten Kaukasus. Fußläufig zur Stadt Sewan mit ihren 24.000  Einwohnern am Nordufer und ihrem Wahrzeichen, dem Kloster Sewanerwank haben wir ebenfalls fußläufig zum See ein kleines Hotel gebucht. Wir sind schon mittags Vorort und ein kleiner gepflegter Komplex empfängt uns. Das Zimmer ist recht komfortabel und sauber, und der Knüller ist, dass Harry und Sally ihre eigene Unterkunft in Form einer nagelneuen Garage bekommen mit direktem Zugang zum Zimmer. Wir brauchen also nichts abschließen, unsere Helme und Handschuhe lassen wir auch gleich am Lenker. In kleinen Holzhäuschen kann man windgschützt sitzen und sogar essen. Die Temperaturen sind mit 23 Grad sehr angenehm, es weht eine leichte Brise und wir halten gleich unsere Füße in den See, der sich für einen Bergsee recht warm anfühlt. Für den Moment reichen die Füße, wir sind ja schon genug nass geworden! Es ist Wochenende, Viele sind an den See gekommen, haben Spaß und feiern, feiern mit lauter Musik und reichlich Tamtam! Niemanden stört die Lautstärke und die in Konkurrenz zueinander stehenden Musikanlagen! Gelächter und Stimmengewirr hallt über den See. Wir beobachten das Treiben mit großem Interesse. Irgendwie ist alles anders als bei uns, 4000 km vom Peiner Eixer See entfernt!

Gegen Abend wird es doch recht frisch und als wir genug von der Millieustudie haben, begeben wir uns in das Herz der Anlage, dem Restaurant! Viel ist nicht los, wir sind vorerst die Einzigen. Als uns die Speisekarte unter die Nase gehalten wird, man bemerkt, dass wir nichts verstehen und sonst keiner der Angestellten sich in irgendeiner Sprache außer Armenisch und Russisch ausdrücken kann, wird als gleich sie gerufen: Gayane! Gayane ist Küchenhilfe, Putze und Kellnerin in einem und ganz sicher das Herz und der Engel der ganzen Anlage. Sie verkörpert die gesamte Herzlichkeit ganz Armeniens und macht sofort auf der Stelle alles bisher Unfreundliche wieder gut.  Sofaversicherungsmensch und Zollbeamter und all die aggressiven Verkehrsteilnehmer sind in diesem Moment vergessen. Sie stellt sich in einem Kauderwelsch aus Englisch und Deutsch vor und trägt eine blaue Kittelschürze. Diese, der Figur nicht besonders schmeichelnden Modeassessoire ist  immer noch sehr verbreitet und wird weiterhin  im "Osten" gerne getragen. Seltsam, welche Überbleibsel des Sozialismus es doch gibt! 

Gayanes dunkles, lockiges Haar hat sie sich locker mit einem Klipp nach hinten zusammen gebunden. Ihr Lächeln ist einfach umwerfend. Eine angeborene Gaumenspalte hat eine Narbe im oberen Zahnfleisch hinterlassen und alle Zähne krumm und schief erscheinen lässt, sie aber gerade deswegen noch ein wenig sympathischer erscheinen lässt!

Wir geben unsere Bestellung ebenfalls in einem Gemisch aus Deutsch und Englisch ab, dass sie sehr gut zu verstehen scheint und sofort alles weiter an den Koch  delegiert. Sie führt uns zum Tisch und bewirtet uns, als wären wir kleine Könige! Das ist schon etwas peinlich und wir bitten sie, doch kurz an unserem Tisch Platz zu nehmen. Sie erzählt uns, dass sie nicht verheiratet ist, ihr Alter schätzen wir mal lieber nicht! Sie ist nach einer Armenischen Märtyrerin aus dem 4. Jhrdt benannt und Gayane ist daher ein beliebter armenischer weiblicher Vorname. Grundkenntnisse Deutsch hat sie in der Schule gelernt und Sätze wie : "Komm bitte an die Tafel!" oder "Die Kinder spielen im Hof" gibt sie freudig von sich. Und immer wieder dieses Lachen! Irgendwann serviert sie mit einer Hochfreude unser Essen. Ich glaube, so viel haben wir gar nicht bestellt: Hühnchen, Schweinekebab, Tomaten/Gurkensalat, gebackene Kartoffeln, gegrilltes Gemüse  aus Tomaten, Auberginen, Zucchini und einen weiteren Teller aus gemischten Gemüse, mit vielen Tomaten und einer rauchigen Note. Alles schmeckt köstlich und wir stopfen so viel wie möglich in uns hinein. Gayane kommt immer mal wieder vorbei und animiert uns mit den Worten: "very good, seeehr guuuut!" Nach gut der Hälfte müssen wir aber einfach passen! Sie drückt uns. "Gute Nacht, liebe Gayane"!

Voll gefuttert und behäbig, lassen wir uns in unsere Betten plumpsen!

Gayane empfängt uns ebenfalls zum Frühstück. Ist sie immer noch oder schon wieder da? Sie hat sich richtig schön gemacht und trägt einen silbergrauen Pulli mit der Aufschrift "Give me Love", dazu passende große, runde, silberne Ohrringe, die bei jeder Bewegung hin und her schwingen. Bevor sie ihre blaue Kittelschürze überwirft, bittet sie uns mit den Worten "I love you! Gott segne euch!" (diese Sätze sind uns wieder etwas peinlich) um ein Foto. Sie berichtet uns, dass sie in den Sommermonaten 7 Tage die Woche von 9.00 bis ca. 23.00 Uhr! arbeitet, im Winter, wenn die Temperaturen mal gut unter 20 Grad minus sinken hat sie alle 2 Tage einen Tag frei. Das Hotel ist ganzjährig geöffnet.  Arbeitsschutz scheint es  nicht zu geben! Die viele Arbeitet empfindet sie anscheinend nicht als Mühe. Nein, sie ist nicht unglücklich darüber, sie würde gut bezahlt und schließt mit den Worten "that´s my family". Wohnen tut sie aber bei ihrer Schwester, die verheiratet ist und 2 Kinder hat und zeigt Richtung Stadt: " I live very close!"

Sie brüht uns sogar einen Kaffee, einen richtigen Kaffee mit richtigem Kaffeepulver, ungefiltert und mit Kaffeesatz! Und er schmeckt richtig gut! Dazu gibt es Tomatenrührei, Lavash, Butter und Erdbeermarmelade.

 

Morgens ist es angenehm kühl und wir machen uns auf, auf einen kleinen Fußmarsch zur Stadt Sewan. Erst müssen wir eine Fußgängerbrücke über die 4-spurige Zufahrtsstraße überqueren, dann führt uns ein Trampelpfad über eine Wiese entlang Richtung Stadt. Grüne Berge, die sicher an die 3000m und höher sein dürften und immer wieder weites Land trotz der sichtbaren Stadt breiten sich vor uns aus. Je näher wir der Stadt kommen, desto mehr fühlen wir uns in alte Sowjetzeiten zurück versetzt. Ja, so muss es auch vor 40 Jahren ausgesehen haben, nur, dass die alten Plattenbauten  noch älter und noch verfallener sind!

Die Stadt wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Exilrussen gegründet und bekam 1935 ihren heutigen Namen.

Wir schlendern die Hauptstraße entlang. Straßenhändler, die sich  zwischen die kleinen Läden platziert haben, verkaufen so gut wie alles, von frischem Fisch über Obst und Gemüse, Nüsse bis hin zu Socken und Sonnenbrillen.

Auch wenn es hier keine Sehenswürdigkeiten gibt - das Kloster Sewanawank befindet sich etwas außerhalb . versprüht die kleine Stadt ihren eigenen Charme! Wenn nicht so viele große SUVs die Straßen protzig kreuzen würden, würden wir nicht glauben , dass wir im Hier und Jetzt wären!

Während Gayane sicher gerade am Putzen ist, verbringen wir den Nachmittag am See. Etwas Relaxzeit kann nicht schaden, bevor wir Morgen wieder aufbrechen.

Heute Abend bitten wir Gayane, bitte nur die Hälfte zu servieren! Sie hält sich tatsächlich dran! Es schmeckt wieder köstlich!

 

Auch Harry und Sally haben sich in ihrer feudalen Garagenunterkunft bestens ausgeruht und sind bereit, uns heute in die nahe gelegene Hauptstadt Jerewan zu begleiten.

Für uns heißt es von Gayane Abschied nehmen, die bereits in Arbeitskleidung ist. Sie ruft noch den Koch für eine kleine Fotoabschiedssession hinzu. Wir drücken uns und als wir uns auf  die Motorräder setzen, verschwindet sie mit Tränen in den Augen im Haupthaus... ! Auch das ist uns wieder etwas peinlich und beschämend! Und ich? Ich denke mir meine Abschiedsworte: "Tschüss, liebe Gayane, bleib so wie du bist!"

 

Bis Jerewan sind es weniger als 100 km und eigentlich hätten wir noch genügend Zeit, dass  Kloster Sewanawank anzuschauen.  Als wir aber unten auf dem Parkplatz stehen, beginnt der Himmel genauso an zu weinen wie Gayane und wir entscheiden uns, gleich weiter auf direktem Weg zur Hauptstadt zu fahren. Die kurze Etappe ist sogar vierspurig und wir fahren über 1000 m tiefer. Mit zunehmenden Kilometer wird es wärmer, noch wärmer, heiß, noch heißer und wir fangen an, mal wieder zu schwitzen. Dieses Gefühl kennen wir seit ein paar Tagen nicht mehr. Kurz vor Jerewan kommen wir in den typischen Großstadtverkehr einer Millionenstadt, der in Armenien noch hektischer als anderswo zu sein scheint. In der Mittagsrushhour bilden sich Staus, schnell werden aus 2 Fahrpuren mindestens 4 und Drängeln ist an der Tagesordnung! Es ist gar nicht so einfach, als Paar - auch mit Motorrädern (haha!) -  zusammenzubleiben. Ich versuche, so nah mit Sally an Harry dran zu bleiben und möglichst keinen Abstand zu halten. Einige Drängler schaffen es doch immer wieder, sich zwischen uns zu quetschen, ohne Rücksichtnahme, dass wir eventuell Ausländer sein könnten, die sich nicht auskennen und die 2 Motorräder zusammen gehören!  Es wird gedrängelt und gequetscht, um auch nur ein paar Zentimeter schneller voran zu kommen als die anderen. Kreisverkehre sind am Schlimmsten. Da weiß man nie, wer, wann Vorfahrt hat und wie viele Fahrspuren es gibt! Ein Lob auf den Straßenverkehr in der Türkei!

Unsere private Unterkunft befindet sich im Zentrum! Und siehe da, wir haben es auf Anhieb gefunden! Die Fassade mal wieder genau gemerkt, finden wir auch einen Parkplatz vis à vis im Schatten. Diesmal haben wir ja Internet und Telefon (Sim-Karte in Gjumri besorgt) und können sofort mit unserem Vermieter in Kontakt treten, der gleich wenige Minuten später in Form eines smarten, sportlich gekleideten und mit Markensneakers beschuhten Mittdreißiger vor uns steht, sich mit dem Namen Gagik vorstellt und uns ins Hinterhaus eines alten Plattenbaus führt. Nebenbei erzählt er uns, dass es sich um das älteste Plattenhochhaus der SSR (Sozialistische Sowjetrepublik) Armeniens handelt, erbaut 1958!  Nicht nur von außen sieht es wie das Älteste aus, auch im Treppenhaus macht sich das Alter des Hauses bemerkbar, dass seitdem noch nie, weder von außen noch von innen, eine auch nur ansatzweise Renovierung erhalten hat. Gagik macht das runtergekommene Innere mit einem Lächeln wett. Unsere Wohnung befindet sich im 9. und somit höchsten Stockwerk dieses einzigartigen Sowjetbaus, dessen Herzstück  des Hauses der Fahrstuhl ist. 1958 , also vor 65 Jahren war so ein Fahrstuhl ganz sicher eine topmoderne Errungenschaft sozialistischer Bauweise. Als wir ihn mit Gariks Worten: "Er funktioniert!" betreten - unser Gepäck passt nicht mehr mit, das holen wir später - , ist es so dunkel, dass sich unsere Augen  erst daran gewöhnen müssen. Der einzige, aber Angst machende Lichtblick ist der Spalt zwischen Tür und Korridor. Mit einem Rums schließt sich die Tür. Die Ausdünstungen sämtlicher Einwohner dieses neunstöckigen Hauses - unsere jetzt auch mitgezählt - breiten sich in dem engen Dunkel aus, in dem wir jetzt zu dritt dicht an dicht stehen. Wir stehen auf einem in den letzten Jahrzehnten sehr ausgetretenen  Boden, der hoffentlich unser Dreiergewicht bis nach oben aushält! Unter Ächzen, Knarren und Stöhnen rumpelt er uns, wie eben ein in die Jahre gekommener Fahrstuhl tatsächlich nach oben. Während der Fahrt sind wir alle Drei sehr still und Lächeln uns im Dunkeln verlegen an. Zum Glück ist er dann doch so schnell, dass ich meine Gedanken, wie wohl unser Apartment aussehen mag, nicht zu Ende bringen kann. Gagik meint -  immer noch lächelnd - , dass es bald einen neuen, modernen Aufzug geben wird. Die Gerüche lassen wir im Innern zurück und ich nehme nur Gagiks Eau de Cologne mit. Der Überraschungseffekt kann nicht größer sein, als sich Tür zum Innern der 2 Zimmerwohnung öffnet: So alt auch das unrenovierte Haus auch sein mag, so neu, sauber und modern ist das Innere unseres für 2 Tage gemieteten Domizils. Alles ist in grau/weiß gehalten und sehr geschmackvoll aufeinander abgestimmt. Deckenstrahler geben abends ein helles, aber nicht grelles Licht ab. Es hat sogar einen Balkon mit Blick auf die Stadt, rückwärts zum berühmten Berg Ararat und eine Klimaanlage. Die Frage, wie man wohl all die neuen Baumaterialen und Möbel wie Fliesen, Laminat, moderne Küchenzeile, Bett, Schrank usw. hier hoch gebracht hat, stellen wir uns später und finden keine Antwort! Wir rumpeln also mit Gagik wieder runter, der sich mit einem Handschlag verabschiedet und wir transportieren unser Gepäck nach oben. Für die nächsten 2 Tage bete ich nun bei jeder Benutzung dieses antiquierten Aufzugs, das er mich bitte während meines Aufenthaltes sicher hoch und wieder runter bringen mag!

Rund um unsere Platte herrscht hier Tagsüber wie auch spät am Abend  buntes Weltstadttreiben. Rundum befinden sich allerhand Cafés, Restaurants und Kneipen. Von der Sushibar, dem Burgerladen über einfache Fastfoodketten bis zum Schicki-Italiener findet man wirklich alles. Wir essen Ribs und trinken deutsches Bier und besuchen den Beatlespub, eine der wohl angesagtesten, hippen Bars.

Jerewan muss sich sicher nicht hinter den großen Weltstädten verstecken. Die Preise allerdings haben auch Weltstadtniveau.

Jerewan ist seit dem 4. Jahrtsd. v. Chr. ist besiedelt und somit eine der ältesten Städte der Welt  - älter als Rom -  und sogar älter als Rom ist es wurde von Arabern erobert, war Schnittpunkt wichtiger Karawanenrouten und immer wieder Zankapfel zwischen Persien und dem Osmanischen Reich. Seit Anfang des 20. Jhrdts war es noch Kleinstadt im Zarenreich Russland und innerhalb weniger Jahrzehnte verdreizehnfachte sich die Bevölkerung und Jerewan wurde kulturelles wie auch wirtschaftliches Zentrum Armeniens. Fußläufig und wenige Hundertmeter von unserer Behausung entfernt  befindet sich der bekannte Platz der Republik, auch gibt es neue Fußgänger - und Einkaufsmeilen mit den üblichen Markenketten, die es in allen Städten der Welt gibt. Wir gehen vorbei am Opernhaus Richtung Kaskade. Alle Wege, Straßen und Gassen sind frei von Müll, selbst die  Blätter, die durch den gestrigen starken Wind von den Bäumen wehten, sind schon beseitigt. An allen Ecken wird gefegt, alle öffentlichen Gebäude und Vorplätze sind blitzeblank und selbst alle Fensterfronten glasklar geputzt. Wir hören wenig ausländische Sprachen, was daraus Schluss folgern lässt, dass sich momentan wenige Touristen in der Stadt aufhalten. Nur Russisch ist sehr präsent, (dass auch jeder Armenier spricht) und viele Russische PKWs vorwiegend große SUVs verkehren auf den Straßen. Ob das wohl Russische Urlauber oder Businessleute sind? Keine Ahnung, aber uns auch egal! Auf Jerewans Straßen gibt es sowieso allerhand Nobelkarossen zu sehen, von Porsche, über Jaguar kann man alle angesagten Marken sehen, auch Ferrari ist vertreten und was besonders meinen Mann wundert, ist, dass eine hohe Dichte an Maybach Fahrzeugen vertreten ist, der Nobelmarke mit den größten Motoren von Mercedes. Wie fast überall in den ehemaligen Ostblockländern ist das Auto DAS Statussymbol schlecht hin und wie auch an der Fahrweise zu erkennen ist, anscheinend Ausdruck männlicher Potenz! Frauen sieht man natürlich auch am Steuer, aber vorwiegend sind es die Männer, die mit ihren Karossen protzen!

Die meisten Frauen sind herausgeputzt und zeigen, was sie haben, wenn ihr wisst, was ich meine! Botox ist das Zauberwort, denn nicht nur eine hohe Dichte an Maybach Fahrzeugen ist zu beobachten, sondern auch eine hohe Dichte an, nennen wir sie ironisch Schlauchbootlippen! Einfach ein anderes Schönheitsideal!

 

 

Das wichtigste und imposanteste Wahrzeichen nicht nur für Jerewan sondern für ganz Armenien ist der heilge Berg Ararat, der sich  zwar nur  ca. 20 km von Jerewan entfernt, allerdings auf türkischem Gebiet, befindet und für die Armenier unerreichbar ist. (Dass sich Armenier und Türken spinnefeind sind, habe ich ja bereits im ersten Armenienblog berichtet. Dass dieser Hass so tief sitzt, haben wir ja auch am eigenen Leib zu spüren bekommen.) Jener biblische Berg, wo Noah mit seiner Arche gestrandet sein soll, ist 5137 m hoch. Vor 2 Jahren konnten wir ihn bereits auf unserer Türkeireise von der Stadt Dogubeyazit im Südosten Ostantoliens bewundern.  

 

Nun erklimmen wir am Morgen, wo es noch nicht so heiß ist, die 572 Stufen der Treppenkaskaden, von wo aus man die beste Sicht auf den erloschenen Vulkan haben soll, wenn er sich nicht, wie so oft, in Wolken hüllt! Nicht nur die Stadt hüllt sich in ein sauberes Kleid, sondern die gesamte Anlage der Kaskade strahlt, rechts und links gesäumt von Skulpturen moderner Kunst, erfreuen bunte Blumenrabatten das Auge. Tatsächlich! Der steile Treppenaufstieg hat sich gelohnt. Bis auf ein paar Wolken rund um den Gipfel haben wir freie Sicht auf den biblischen Berg. Grandios! Und wieder verlassen viele Superlativwörter unsere Münder! Grandios!

 

Eine schöne Zeit in einer außergewöhnlichen Stadt geht zu Ende. Ein letzter Blick über neue und alte Fassaden vom Balkon unseres Superapartments, eine letzte Fahrt mit dem schnaufenden Fahrstuhl und immer wieder die gleiche Frage: Bringt er uns sicher nach unten? Gibt es hoffentlich keinen Kurzschluss oder sonstigen technischen Defekt? Trägt der dünne, ausgetretene Boden unser Gewicht? Und ein letzter Blick auf die verfallene Fassade unseres Sowjetbaus!

Schon ganz verdrängt hatten wir, dass wir über den gleichen Grenzübergang das Land verlassen müssen, wie wir in das Land eingereist sind! Das heißt, wir müssen auch die gleiche Straße ab Gjumri fahren, die wir gekommen sind. Das heißt, die gleichen Hürden nehmen, die gleichen Baustellen!

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Heidrun (Donnerstag, 13 Juli 2023 05:49)

    Jerewan….irre, grandios, absolut faszinierend

  • #2

    Christian Hammann (Freitag, 14 Juli 2023 16:40)

    Ich bin wieder begeistert vom Bericht, pardon, von dem Bericht. Chrischaaan

  • #3

    Sasa (Dienstag, 18 Juli 2023 11:59)

    toll!!