· 

Rumänien Teil 1


Unser Weg Richtung Donaudelta


Drum Bun, das heißt auf rumänisch gute Reise! Wir und ihr können gespannt sein, was uns so alles erwartet!

Da wir Kinder des Kalten Krieges sind, ist uns diese Zeit auch noch sehr gut in Erinnerung. Der Diktator Nicolae Ceaucescu  regierte das kommunistische Land mit eiserner Hand. Wie Stalin oder der albanische Diktator Anvar Hoxa betrieb er mit seiner Frau Elena, die sich selbst als "liebende Mutter der Nation" bezeichnete, einen irrsinnigen  Personenkult. Er verfolgte u.a. wahnsinnige Ideen wie die 5 Kinder Politik. So sollte die Einwohnerzahl von ca. 19 Mio. im Jahr 1966 auf 30 Mio. bis zum Jahr 2000 gesteigert werden. Schulische Aufklärung sowie Verhütung waren per Dekret strengstens verboten und Frauen, die abtrieben, wurden mit Gefängnisstrafen bis 25 Jahren bedroht und durften nicht medizinisch behandelt werden, wenn sie Infektionen danach bekamen. Auch seine berüchtigte Geheimpolizei Sicuritate ging gegen Kritiker äußerst brutal vor.

1989 lag das Land, wie fast alle kommunistischen Länder hinter dem Eisernen Vorhang, wirtschaftlich komplett am Boden. Ein Volksaustand, dem sich selbst der größte teil des Militärs anschloss, war die Folge. Der größte Teil der Einwohner lebten in großer Armut. Kein Wunder, dass Ceaucescu  und seine Frau in einem Eilverfaren zum Tode verurteilt und Ende 1989 hingerichtet wurde.

Seit 2007 ist Rumänien EU-Mitglied und eine reräsentative Demokratie. Das Land ist längst kein Exot mehr unter den Reisezielen. Die Badeziele am Schwarzen Meer rund um die Hafenstadt Konstanza locken jährlich viele Touristen an, aber auch unter Bikern ist es sehr beliebt. Die Transalpina, die bekannte Nationalstraße 67c, die mit einer Länge von 149 km die Transilvanischen Alpen durchquert und die kleine Walachai mit Siebenbürgen verbindet, ist ein Traum vieler Motorradfahrer. Hier geht es rauf bis über 2000 m. In Transilvanien ist das Dracula Schloss in Bran beheimatet und hat schon fast den Bekanntheitsgrad wie das Schloss Neu Schwanstein. All diese Touristenmagnete lassen wir links liegen. Unser Ziel ist die Stadt Tulcea am  Donaudelta. Bis dorthin sind es etwas weniger als 1000mkm und wir wollen sie in 2-3 Etappen erreichen. 

Am Abend zuvor noch in Füzesgyamat/Ungarn öffnet der Himmel seine Schleusen und ein Unwetter geht direkt über den Ort nieder! Wir sitzen geschützt auf dem großen Balkon, die rumänischen Familien sind abgereist und wir haben das ganze Areal für uns.  Es blitzt, es donnert und es schüttet. Sogar durch das Dach sucht sich das Wasser seinen Weg und wir müssen einen Eimer unter den kleinen Wasserfall stellen, der sonst unseren schönen Balkon unter Wasser setzen würde. Hier, wo wir geschützt sind, fühlt sich das Wetterspektakel ganz romantisch an.

Zum Glück hat es sich die Nacht ausgeregnet und wir kommen trocken los. Miklos verabschiedet sich noch persönlich von uns und wir fahren die letzten 70 km auf ungarischer Straße. Bei Artand/Bors passieren wir einen "richtigen" Grenzübergang  und ein Grenzbeamter kontrolliert sogar unsere Ausweise, ist aber eher an unserem Ziel in Rumänien als an unseren Papieren interessiert.

Als Erstes kaufen wir Proviant. Vor vielen Häusern präsentieren die Menschen Obst und Gemüse, dass sie in  ihren Gärten angebaut haben und dass sie nun verkaufen.

Unser Ziel ist Turda. Turda liegt  in Siebenbürgen, hier gibt es das größte von Menschen gemachte Salzbergwerkwerk der Welt.

Wir buchen ein Zimmer ganz in der Nähe des Bergwerks. Das privat geführte Haus mit Ferienzimmern ist ganz neu gebaut und so ein moderner kühler Bau im Würfelstil, wie sie bei uns auch gerade modern sind. Eingerahmt mit einer Gittermauer gefüllt mit Steinen, steht es inmitten alter, leicht verfallener Häuser, rundum hört man Hähne krähen. Das will so gar nicht in die Landschaft passen, wir aber haben es comod und bequem.

Leider kommen wir etwas verspätet an. Uuups, eine Stunde Zeit Verschiebung haben wir gar nicht mitgerechnet. Etwas hektisch wird es, Gepäck abschnallen, verstauen, duschen und ab zur Saline! Letzter Einlass 18.00 Uhr. Prima wir sind sogar noch eine halbe Stunde früher. 

Bereits in den 30iger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde in der Mine Turda die Salzförderung aufgegeben, diente im 2. Weltkrieg als Luftschutzbunker, war bis 1992 Käselager und wurde dann als Schaubergwerk und Museum umgestaltet. Sie ist nicht nur das größte  Salzbergwerkwerk der Welt, sondern beherbergt auch den tiefst gelegenen Freizeitpark der Welt mit 120 m unter der Erde. Bert kommt sogar einen Rentnertarif und mit 16 Euro Eintrittspreis insgesamt, finden wir das recht günstig. Wir nehmen den längeren von 2 Eingängen und müssen noch gut 600 m durch einen schmalen, lang gezogenen Tunnel laufen bis wir die erste von 4 Schauminen erreichen. Die Temperatur liegt ganzjährig bei 10-12 Grad, es ist sinnvoll, eine Jacke mitzunehmen. Nachdem wir die Schauminen betrachtet und Einiges über den Salzabbau in vergangener Zeit gelernt haben, bringt uns ein Lift 13 Stockwerke nach unten zu dem angekündigten unterirdischen Freizeitpark. Wer fit ist, nimmt die Treppe! Besondere Lichtverhältnisse erwarten uns, die Salzstrukturen an der Wand sind angestrahlt und alles ist dezent in ein gedämpftes Licht getaucht. Hier kann man Billard spielen, an  einer Minigolfanlage sein Geschick ausprobieren, Kinder können sich auf einem Spielplatz austoben und von der Gondel eines Riesenrads kann man sich das ganze Spektakel von oben anschauen. Wenn man dann noch ein Stockwerk tiefer fährt, dann kann man sich Boote ausleihen und  über einen unterirdischen See paddeln in dessen Mitte sich eine kleine Insel befindet. Seltsam, dass wir noch nie von dieser in der Welt einmaligen Sehenswürdigkeit gehört haben. Die Stadt ist im Gegensatz zu seiner Berühmtheit nicht besonders sehenswert. Die bei Google Maps angekündigten Restaurants sind entweder zu oder entpuppen sich als Cafes ohne Essen oder als Fastfoodbuden. In einer Bar bekommen wir einen überraschender Weise  leckeren Burger zu vernünftigen Preisen. Auf dem  Weg zu unserer Unterkunft öffnet wie am letzten Abend der Himmel erneut seine Schleusen. Heute sitzen wir nicht sicher auf einem Balkon, um dem  Spektakel trocken zuschauen, nein, dieses Mal finden wir das nicht so romantisch, denn wir laufen über holprige Fußwege gen Unterkunft. Ohne Schirm oder jeglichen Schutz. Wir sind bis auf die Haut durchnässt, unsere Klamotten kann man auswringen und unsere Haare kleben klitschnass am Kopf als wir unser Domizil erreichen.


 Am nächsten Morgen machen wir uns  auf zu dem knapp 300 km entfernten Sfantu Gheorghe.

Wir streifen die Karpaten und hier in diesem Teil von Siebenbürgen haben alle Orte  deutsche Namen. Siedelten sich hier doch die bekannten Siebenbürger Sachsen an. Siebenbürgen, damit ist aber auch der  gesamte der Teil im Zentrum und im Nordwesten Rumäniens gemeint. Um die bekannten Hauptorte Brasov/ Kronstadt und Sibiu/ Hermannstadt machen wir einen Bogen. Wir wählen eine Strecke abseits der Hauptroute und fahren über Land. Hier tut sich eine andere Welt auf. 

Menschen sind hauptsächlich zu Fuß unterwegs, Kinder spielen auf der Straße und winken uns zu, die ein oder andere Kuh grast angekettet am Straßenrand und so manches Huhn ist froh, nicht von uns überfahren zu werden und flattert in den Straßengraben. Pferde ziehen mühsam überladene Hänger. Hier werden Pferde nicht als Hobby gehalten sondern fristen ihr Dasein als Nutztier und sicher sind die Eigentümer froh, ein Solches zu besitzen.

Leider sind die Straßen alles andere als entspannt befahrbar.  Ähnlich der Piste in Ungarn holpern wir über Land, fahren Schlangenlinien, um nicht in irgendwelchen tiefen Schlaglöchern zu landen. Genau in einer Spitzkehre, die nur aus einem schmalen Teerstreifen besteht und rechts und links schottrig und sandig ist, kommen uns 3 Lkws entgegen und während mein lieber Bert noch um die Kurve kommt, muss ich mitten in dieser Spitzkehre bergauf anhalten, um nicht mit ihnen zu kollidieren. Wäre ich gläubig, würde ich ein Stoßgebet nach dem anderen gen Himmel schicken, aber so spreche ich lauthals mit meiner Sally. Möge sie mich doch sicher durch diese Situation tragen!...Und?.... Sie tut es ganz souverän!

Wenige Kilometer weiter geraten wir unweigerlich in die nächste Herausforderung. Der Himmel zieht gefährlich zu und es wird richtig duster. Ein Gewitter zieht auf. Wir erhalten sogar eine Unwetterwarnung auf unser Handy! Erst sind es normale Regentropfen. Aus diesen feinen Regentropfen werde dicke, fette Tropfen, die auf das Visier klatschen. Über uns blitzt und donnert es. Eine Ortschaft naht und... besser kann es uns nicht treffen, wir finden Unterschlupf  in einer Art Pavillon, der zu einem Cafe gehört, dessen Möbel ausgeräumt sind. Hier bleiben wir trocken und warten eine gute halbe Stunde bis dieses gruselige Unwetter vorbei gezogen ist. Zum Glück ist es nicht mehr weit und wir unsere Reise bei leichtem Niesel fort setzen und erreichen unser Ziel in Sfantu Gheorghe zwar verspätet aber zum Glück unversehrt. Solche Strecken zerren ganz schön an unseren Kräften und sind wahnsinnig anstrengend, aber am Ende eines jeden Tages haben sich all die Strapazen doch gelohnt.

Von unserem Vermieter - wir haben ein großes Apartment in einem Zweifamilienhaus  gebucht - erhalten wir die Nachricht, dass er nicht da sei, wir aber einfach rein gehen sollen, es sei alles offen. So eine Aussage hatten wir auch noch nie. Im Leben erlebt man so manch skurrile Situation und diese ist eine davon: Hausnummer ist uns übermittelt, wir parken direkt vor dem Haus. Durch ein Tor betreten wir den Innenhof und , naja, so wirklich einladend sieht dieser Innenhof nicht aus, viel Gerümpel liegt rum. Die Haustür ist , wie versprochen offen und wir treten in einen Flur, von dem mehrere Türen ab gehen. Mein lieber Mann geht voran und öffnet eine davon. 2 Frauen sitzen - offensichtlich in einem Wohnzimmer - auf einem Sofa und schauen fern. Mein lieber Mann winkt Ihnen zu, sagt auf deutsch: "Guten Tag" und schließt gleich wieder diese Tür und bugsiert mich durch den Flur Richtung Ausgang. Offensichtlich sind wir hier absolut falsch! Wir schauen uns an, verlassen das Grundstück und schließen das Tor. Auf dem Fußweg brechen wir in schallendes Gelächter aus, checken noch einmal die Hausnummer. Und?... Wir haben haben uns geirrt! Unser Ferienapartment befindet sich tatsächlich ein Haus weiter! Auch hier stehen  Tür und Tor offen. Aber hier sind wir richtig!

Und was lehrt uns diese Geschichte? Lasst nie eure Türen offen, es könnten plötzlich ein paar depperte Touristen vor euch stehen und euch einen guten Tag wünschen!

Uns hat es mit dem Apartment wirklich gut getroffen, wir haben eine Riesenwohnung in einem liebevoll restaurierten Altbau ganz für uns. Sauber und geschmackvoll ist es eingerichtet. Leider ist es etwas spät, um die Stadt zu erkunden. Wir erfahren aber, das in Sfantu Gheorghe  mehrheitlich - über 80% - Ungarn leben. Auch unser Vermieter, den wir später kennen lernen, klärt uns eindeutig und stolz auf, dass er Ungar und kein Rumäne ist. So ist es auch nicht ungewöhnlich, dass gleich das nächst gelegene Restaurant ein Ungarisches ist, wo wir lecker essen können.

Noch am Abend entschließen wir uns die 350 km bis zu unserem großen Ziel, die Stadt Tulcea am Donaudelta  nicht in einem durch zu fahren und halbieren die Strecke. Unser Ziel ist Focsani. Focsani liegt an der Ostspitze  des Kapartenbogens in der Region Westmoldau, ca. 200 km nördlich von Bukarest.

Die kurze Tour können wir dieses Mal in vollen Zügen genießen, die Sonne scheint, aber es ist nicht zu heiß und die Straße ist wenig befahren. In lang gezogenen Kurven und über glatt geteerte Serpentinen geht es nicht ganz so hoch hinaus. Der höchste Punkt, den wir erreichen ist knapp über 1000 m hoch. Irgendwo auf einem gepflasterten Parkplatz (die übrigens recht rar in diesem Land sind und nicht selten aus losem Schotter bestehen) halten wir für eine Trinkpause. Hinweisschilder weisen darauf hin, dass es in dieser Gegend sogar Bären gibt. Wir stehen schon eine ganze Weile dort, ich schieße ein paar Fotos von den Motorrädern und als ich mich einmal hinter die Büsche begeben muss, höre ich von weitem einen lauten Rums und mein Mann lauthals das "Sch...-Wort" rufen. So schnell kann ich gar nicht herbeieilen, sehe aber schon von weiten meine geliebte Sally auf der Seite liegen. Aus dem Nichts ist sie, ohne, dass sie jemand berührt hat, einfach umgekippt. Ich dachte schon, ich habe den Ständer nicht richtig ausgeklappt, aber sie Stand ja schon mindestens eine Viertelstunde so da. Das konnte also nicht die Ursache sein. Wie auch immer, sie liegt auf der Seite! Zum Glück ist sie mit knapp über 200 kg nicht so schwer, dass wir sie zu zweit aufstellen können. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder heulen soll. Aber mein Mann und ich lachen uns schließlich doch  an: "Nichts passiert!" Besser sie fällt alleine um als dass ich drauf sitze! Naja, es ist doch etwas passiert, aber natürlich nichts, was mein lieber Bert nicht reparieren könnte. Die GoPro Halterung ist abgebrochen, ein Koffer hat nur noch mehr Dellen als er vorher schon hatte, er ist etwas eingeditscht und eine Halterung hält nicht mehr ganz. Wir können unsere Reise einfach fort setzen als wäre tatsächlich nichts passiert.

Focsani dient uns wieder nur als Übernachtungsort, wo wir ein Apartment in einem neuen Wohnblock gemietet haben. Die Übergabe ist unkompliziert, der Vermieter kommt, erklärt uns noch Einiges, gibt uns die Schlüssel und geht. Wir haben eine kleine 2 Zimmerwohnung nur für uns, alles ist neu und hat alles, was unser Motorradmomenteherz begehrt, inklusive Kaffeemaschine. Harry und Sally parken sicher hinter einer Schranke. Und während ich einigen haushälterischen Arbeiten nach gehe, wie Wäsche waschen, hat mein lieber Mann Zeit, um Sallys Blessuren zu richten.

In einem Gartenlokal, was für seine guten Steaks wirbt, essen wir zu Abend! Es ist gut besucht, fast alle Tische sind besetzt. Familien mit Kindern, Paare und ganze Gesellschaften an langen Tafeln dinieren scheinbar zufrieden. Wir bestellen jeder ein T-Bone Steak, 500 g !!! Kleinere gab es nicht. Dazu Grillgemüse und Pommes. Habt ihr schon einmal 500 g Fleisch auf einmal vertilgt? Das ist wirklich Schwerstarbeit! Wir kapitulieren Beide nach gut der Hälfte! Aber lecker war es, keine Frage. Ein netter, englischsprechender Kellner räumt augenzwinkernd unsere fast vollen Teller ab!

Wir schlafen mit unseren geweiteten Mägen trotzdem gut!

Morgen geht es weiter, unser Ziel, das Donaudelta ist nur noch eine Armlänge von von ca. 180 km entfernt!

Kommentar schreiben

Kommentare: 5
  • #1

    Heidrun (Samstag, 27 August 2022 15:28)

    Ich hab‘s sofort gefunden….:-)

  • #2

    Sabine und Rüdiger (Samstag, 27 August 2022 19:54)

    Es ist immer wieder spannend zu lesen, was ihr alles erlebt. Passt weiterhin auf euch auf!!! Liebe Grüße

  • #3

    Maik und Elke (Samstag, 27 August 2022 20:06)

    Hallo ihr Zwei, wieder ein interessanter Bericht eurer Reise. Danke. Gute Reise weiterhin. Passt auf euch auf. Liebe Grüße von Maik und Elke

  • #4

    Christian Hammann (Samstag, 27 August 2022 22:01)

    Ich bin begeistert und froh um die Serpentinen Kurve das alles gutgegangen ist chrischaaan

  • #5

    Bernd Rose (Sonntag, 28 August 2022 12:08)

    Super geschrieben und sehr interessant, weiter so, Gute Fahrt