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Rustavi (GE) - Baku (AZ) - Grenze zu Russland


Aserbaidschan...seltsames, reiches, armes Land


Wir machen uns auf zur Georgisch/Aserbaidschanischen Grenze und kommen uns vor wie in Sindbads Abenteuer....Sabine und Bert, die Motoradfahrer, bestehen zahlreiche Abenteuer...

Jeder Tag ist wirklich anders, einzigartig und hält allerhand Überraschungen parat. Anfangs haben wir immer Prognosen abgegeben, wann wir, wo sind... das haben wir schon längst aufgegeben, denn es kommt sowieso immer anders...

Wir verlassen Rustavi Richtung Grenze und fahren durch eine seltsam karg und verlassen zu sein scheinende Gegend. An der Grenze herrscht aber ein übliches Gewusel von PKws, Lkws und Bussen, aber all zu voll ist es trotzdem nicht. Die georgische Ausreise geht problemlos von Statten. Wer weiß, was uns jetzt bei den Aserbaidschanern auf uns zu kommt? Wow, ein Grenzer spricht Englisch mit uns, bzw. mit Bert, mich ignoriert er irgendwie... "Mister...". Er erklärt, was wir zu tun haben. Zu irgendeinem Schalter gehen, Pass, Visum und Fahrzeugpapiere samt grüner Versicherungskarte checken lassen und einen Quellcode abholen etc. Wir folgen seinen Anweisungen, dann noch ein wenig Gepäck öffnen und kontrollieren lassen und in weniger als einer Stunde sind wir durch. Ein salutierender Grenzer öffnet uns eine Schranke und wir befinden uns mir nichts dir nichts im Land.

 

Aserbaidschan, für viele bekannt durch den Eurovision Song Contest, dass Aserbaidschan 2011 gewann und 2012 mit einer eigens dafür in der Hauptstadt Baku gebauten Halle, der Crystal Hall, Austragungsort war.  Das Land hat 10 Millionen Einwohner, wovon 2 Millionen offiziell und geschätzt 4 Millionen in der Hauptstadt Baku leben. Seit dem Zerfall der Sowjetunion 1991 unabhängig, wird es seit 1993 erst von Haidar Alijew, dann von seinem Sohn Ilham Alijew bis heute autoritär regiert und steht auf dem Demokratieindex von 2008 auf Platz 135 von 167. Daran hat sich wohl bis heute nichts geändert. Durch den Konflikt um die Region Berg Karabach befindet sich das Land immer noch im Kriegszustand mit Armenien.

 

Die Landschaft wirkt ziemlich karg mitunter wüsten ähnlich. Wir passieren kleine Ortschaften auf einer recht gut ausgebauten Landstraße, unser Übernachtungsort ist die Stadt Mingacevir auf dem Weg Richtung Baku.

Kaum sind wir ein paar Kilometer gefahren, kommt die Kelle... Wir haben schon viel gelesen von korrupter und griffiger Polizei...Der Beamte jedoch bedeutet uns, dass es heiß ist, spricht ein verständliches Englisch, begutachtet unsere Maschinen, belehrt uns über Geschwindigkeitsbegrenzungen und lädt uns auf Wasser oder Tee in sein Office ein, wir lehnen dankend ab und können weiter fahren... WOW!... das ist ja irre, wir kriegen uns vor Begeisterung über dieses Land nicht ein und setzen unsere Fahrt gut gelaunt fort. Es wird immer heißer, wir schwitzen sehr! Keine Hundert Kilometer weiter kommt ein Polizeiauto hinter uns her und prompt kommt wieder die Kelle. Dieses Mal wird es nicht so lustig. Ich steige ab... nein, mit mir will der Beamte nicht sprechen...Bert muss auf den Beifahrersitz des Streifenwagens Platz nehmen. Er hätte - (ich nicht?)-  eine durchzogene, weiße Linie beim Überholen überfahren. Wir überlegen, ja, das mag sein, beim Überholen eines LKWs vielleicht?  Ich dann aber auch, denn ich war immer dicht dahinter! Aber ich bin nach wie vor nicht gemeint! Berts Papiere werden erstmal einkassiert. Wir sind mit der Situation voll überfordert! Ich schwitze draußen in der prallen Sonne, mein lieber Mann im Polizeiauto! In den Motorradsachen ist es unerträglich heiß und die Schweißperlen laufen mir den Rücken runter. Ganze 700 Manat, umgerechnet 350,- Euro soll die Strafe sein! Das kann ja jetzt nicht sein, außerdem führen wir eh nicht so viel Bares mit uns! "No, we don`t have cash with us", ...Bert schüttelt energisch mit dem Kopf... der Officer lässt nicht locker und dann beginnt er tatsächlich zu handeln, rückt nach wie vor die Papiere nicht raus. Pass, Visum, Führerschein, Fahrzeugpapiere...Ok, dann müssen wir wohl was löhnen! Nach einer gefühlten Ewigkeit und unseren letzten Einhundert Euro in bar ärmer, dürfen wir endlich weiter. Schöne Sch....!

Plötzlich finden wir dieses Land, die Dörfer und die aus dem Auto uns zu winkenden Menschen doch nicht mehr so nett und ärgern uns über Korruption! Zu doof, wir hätten vielleicht nicht nachgeben sollen oder mit einem 20iger wären sie vielleicht auch zufrieden gewesen! Hätte, hätte...Tja, hinterher ist man immer schlauer...! Wir versuchen, das Ganze als Erfahrung abzuhaken. 

Bis Mingacevir sind wir ziemlich frustriert und halten uns von nun an strikt an alle Regeln, bloß keinen Deut schneller fahren,Das wiederum scheint die einheimischen Autofahrer zu nerven, die sich natürlich nicht an Gescxhwindigkeitsregeln halten. Ob die wohl auch angehalten werden? Wir ziehen so manche Schlange hinter uns her.

Uns fällt außerdem auf, dass alle paar Hundert Meter Kameras an der Straße hängen. "Big brother is watching you!" 

Aber unsere Laune wird besser, als wir ein großes, sauberes und klimatisiertes Zimmer in einem sauberen, netten Hotel betreten und unser Frust lässt nach. Duschen und ab ins Städtchen.

Ein wenig Bargeld muss nun her und wir finden gleich einen Geldautomaten, der uns aber kein Geld ausspucken will. Das ist uns in noch keinem Land passiert! Wir durchqueren die halbe Stadt nach einem anderen, fragen diverse Leute, die uns aber nicht zu verstehen scheinen, auch mit Hand und Fuß klappt das nicht! Polizei fragen??? Die übrigens an jeder Kreuzung und überhaupt überall präsent ist. Ok, die können jetzt Einiges wieder gut machen... Und sie tun es! Man spricht Englisch, wir erklären unser Problem und sie fahren uns im Polizeiauto direkt zu einem anderen Automaten. Wir bedanken uns und kurze Zeit später haben wir genug Scheine in der Hand.

Im Hotelrestaurant, dass am Fluss Kura liegt, dem mit 1300 km Längsten im Kaukasus, essen wir zu Abend. Mit einem leckeren Essen ähnlich dem Türkischen und einem inteessanten Gespräch mit einem gut Englisch sprechenden und bestens über die Deutsche Bundesliga informierten Kellner, beenden wir den Tag.

 

Wir mopsen uns vom Frühstücksbuffet - jaja, wir wissen, dass man das nicht tut ;-) - 2 hart gekochte Eier und ein paar Aprikosen als Verpflegungsnotproviant für unterwegs, decken uns mit reichlich Wasser (echt gekauft ;-) ) und machen uns früh auf den Weg Richtung Baku. Es ist noch nicht ganz so heiß, fühlt sich aber in den Motorradklamotten schon ziemlich schwitzig an! Eine Stunde weiter, legen wir eine erste , kurze Trinkpause ein. Vom Straßenrand beobachten wir einen Hirten, der zu Pferd seine Kuhhirte im Zaum hält. Es könnte auch ein echter Cowboy im wilden Westen oder ein Gaucho in Südamerika sein!

Fast alle Autofahrer hupen oder winken uns zu, auch während unserer Fahrt kommt oft ein Daumen hoch aus dem runter gekurbelten Fenster. unsere Laune ist wieder bestens,  die Korruptionsaktion schon fast wieder vergessenBeim Tankstop - der Sprit kostet hier übrigens umgerechnet ca 30 Cent (allerdings nur das 92 Octan, unsere Maschinen verkraften das.) - stehen gleich 5 Tankwarte um uns rum. Wir fühlen uns als Exoten! Da kommt eine Frau auf uns zu und spricht uns in einem perfekten Englisch an. Sie sei Englischlehrerin und freut sich, dass wir das Land bereisen und ob wir ein paar Selfies mit ihr machen könnten! Selbstverständlich! Ob wir einen Tee oder Wasser mit ihr trinken möchten, sie wohnt um die Ecke? Oh, danke, aber wir wollen weiter. Sie wünscht uns alles erdenklich Gute und nur gute Erfahrungen in ihrem Land...!

Bei der Stadt Aksu erklimmen wir eine ziemlich hohe Bergkette. Es ist viel los, das scheint ein beliebtes Ausflugsziel für Bakuer, Bakurianer, Bakunesen, Bakuraner? zu sein! Es geht ziemlich steil und serpentinenmäßig hoch, die Straße ist aber gut geteert. Wir haben keine Ahnung, wie hoch wir fahren! Viele kleine Cafes und Restaurants säumen den Weg. An einem legen wir eine kleine Pause ein. Ein anderer Gast hilft beim Übersetzen, seine Tochter kommt dazu, Studentin der Wirtschaft. Sie sind aus Baku und wir kommen ins Gespräch. Eine Stunde verweilen wir bei einer tollen Aussicht und einem informativen Gespräch. Wir kommen kaum dazu, ihr Fragen zu stellen, denn sie löchert uns wissbegierig mit ihren Fragen: wo wir wohnen,  Berlin, findet sie interessant und wie denn die Humboldt Universität sei... usw. usw. Wieder ein paar Fotos und wir fahren weiter die Serpentinen abwärts.

Die Straße führt uns Richtung Baku, unser Hotel in Sumquyit, 30 km nördlich von Baku wollen wir bald erreichen.

Dann können wir sie nicht umgehen, diese schreckliche Baustelle! Ein Zurück gibt es leider nicht. Und sie ist unendlich lang... keine Ahnung wie viele Kilometer? Es geht schottrig bergauf. ich bin so angespannt und konzentriert und mein Schatz vor mir auch. Wir können nicht mal mehr miteinander sprechen. PKWs, fest gefahrener Sand, Staubwolken, hupende Autos kreuz und quer. Im ersten Gang und mit ständig schleifender Kupplung, Schritttempo, kurz vorm Umfallen geht es hinter einem LKW her, der den Sand lockert und wir uns in seinen Spurrillen quälen, keine Chance zum Überholen! Alle mitlesenden Motorradfahrer können das sicher gut verstehen!...

Ja und jippi, wir haben es tatsächlich da durch geschafft! Offroad-fahren kann nicht anders sein!

Mit schrecklich heißen Gegenwind kämpfend erreichen wir trotzdem nachmittags ziemlich fertig unser Hotel in Sumquayit. Kaspisches Meer, wir sind da!

Erstaunlicherweise gibt es einen tollen, sauberen Strand. Wir gehen sofort baden, herrlich angenehme Temperatur hat das Wasser! Beim "Strandpicknick" verspeisen wir die gemopsten Eier und Aprikosen! All die Baustellenanspannung ist von uns gewichen und fast vergessen!

 

Wir wollen aber trotzdem noch Baku, der pulsierenden Hauptstadt und bestellen im Hotel ein Taxi, dass uns in die Stadt bringen soll, ein Preis ist von der Rezeption ausgehandelt, wir wollen ins Zentrum nahe der Altstadt an der Promenade. Der Taxifahrer hält mehrmals und spricht Kollegen an. Aus der Gestik vernehmen wir, dass er gar nicht den Weg kennt und wohl nicht so richtig weiß, wo er uns hinbringen soll. Wir machen derweil unser Googlemaps auf und checken, wo wir sind. Er fährt etwas unsicher um den Pudding. Ein Taxifahrer, der nicht weiß, wohin er seine Gäste bringen soll! Das haben wir noch nie gehabt! Irgendwann geben wir ihm zu verstehen, dass er halten soll und steigen einfach aus! In der Innenstadt, das sehen wir, sind wir schließlich!

Baku ist so quirlig, die Flamestower sehen wir, die Crystal Hall vom ESC... Alles ist so beeindruckend! In einem Restaurant lassen wir uns nieder, essen und mehr schaffen wir nicht, der Tag war dann doch zu anstrengend.

Ein Taxi, es fahren wirklich sehr, sehr Viele rum, ist nicht schwer zu finden. Er macht uns einen sehr, sehr günstigen Preis, schnell haben wir gelernt, zu handeln und steigen freudig ein. Nach einer halben Stunde bemerken wir, dass er im Quarre fährt. Kein Wort Englisch oder Ähnliches verstehend, versuchen wir während der Fahrt nochmals zu erklären, zu welchen Hotel wir wollen. Er aber wollte uns zu einem Hotel in die Nähe bringen, das wohl so ähnlich heißt wie das Unsere in Sumquyit. Arg gestikulierend wirft er uns kurzerhand raus. Das war wohl ein Missverständnis! Und was nun? Da stehen wir nun, übermüdet, und es ist schon spät. Aber wir finden einen Neuen, der uns dann zumindest in die richtige Richtung fährt. Im Ort selbst weiß auch er nicht so recht weiter, unser Googlemaps hilft erneut! Taxifahrer, die nicht wissen, wo sie hin sollen! Es soll uns noch 2x so ähnlich ergehen! Preis aushandeln, so tun als ob und dann doch nicht wissen, wohin und letztendlich von uns leiten lassen! Am Schärfsten war einer, der sogar im Hotel, während der Fahrt angerufen hat und dann trotzdem nicht weiter wusste!...

Der nächste Tag, ein freier Tag, den wir eigentlich zum Sightseeing in die Umgebung nutzen wollten, Schlammvulkane, Gobustan- Nationalpark...Wir ändern aber den Plan, relaxen lieber und schauen uns ein wenig die Hauptstadt an. Baku,  Hauptstadt der einstigen SSR Aserbaidschan erlebt einen Bauboom. Reich geworden durch Erdöl und Erdgas. Gigantismus ohne Ende, egal ob Flametowers, Crystal Hall oder eine im Bau befindliche Mall, die der Opera in Sydney nach empfunden ist. Das passt wohl zu dem Herrscher Alijew, dessen Vater oder auch beide zusammen von großen und kleinen Plakaten überall im Land verteilt, auf uns blickt. Alles ist sehr sauber, kein Schmutz, keine Bettler oder Ähnliches! Diese Stadt rennt Dubai sicher bald seinen Rang ab! Die Stadt pulsiert. Tourismus vorwiegend aus dem russischen und arabischen Raum haben vorerst diese Stadt entdeckt, "Westtouristen" entdecken wir kaum. Für uns ist alles vielleicht etwas  zu clean. Überall fallen Kameras auf, dann diese  extrem hohe Dichte an Polizeipräsenz!

Taxifahrt zurück, das übliche Spiel... Der, der im Hotel angerufen hat!

Wir essen zu Abend direkt am Strand im Hotel, ein schöner Ausklang! 

Der Wind frischt auf und wird immer stärker und erreicht Sturmstärke, er "klopft" nachts heftig an unser Hotelfenster, selbst die starke Brandung ist durchs geschlossene Fenster zu hören! 

Am nächsten Morgen wollen wir früh los, denn wir haben die russische Grenze zu passieren! Durch die Erfahrung vom letzten Jahr wissen wir, das könnte länger dauern, unter Umständen sehr lange!

Diese reise ist wirklich eine Reise der Extreme, auch wettermäßig. Wir brechen bei starken Sturmböen auf. Von der Seite kommend, greift der Wind uns ganz schön an und hier kann auch wieder jeder Motorradfahrer verstehen, wie sich das anfühlt. Wir fahren hinter einem Müllauto her, der dadurch sämtliche Ladung verliert und müssen aufpassen, dass wir nicht alles abbekommen.

Die Landschaft ist jetzt auch nicht besonders, Industrie, Kargheit. Auch hier sieht alles "ärmlich" aus  in den Dörfern, an denen wir vorbei fahren. Kühe, Hühner, Esel am Straßenrand, staubige und ungepflasterte Seitenstraßen. Alles so anders als in Baku! Aber da sind die Menschen, die uns aus den Autos oder vom Straßenrand aus zuwinken. So herzlich...

Noch einmal tanken, es ist nicht mehr weit bis zur Grenze.

Und dann, kommt sie wieder, die Kelle. Diesmal soll es mich erwischen. "Falke, Sabine?", fragt der Beamte und erklärt mir, ich sei 80 km/h zu schnell gefahren. Auf heimischen Autobahnen fahre ich nicht einmal so schnell. Nein, das kann absolut nicht sein und ich finde das Ganze absurd. Da hätte ich ja meinen Mann in einem Affenzahn überholen müssen! Ich beharre auf meiner Meinung. Er reibt mir sein Laptop unter die  Nase. Schlauer als beim letzten Mal, beharren wir auf unserer Meinung. Und ? Wir haben Glück! Er wird auf einmal nett, fragt, wo wir her kommen und will Cay mit uns trinken! ... Wir lehnen höflich ab.

Die letzte Hürde vor der Grenze ist wieder so eine blöde, schottrige, sandige, lange Baustelle! Ich kapituliere dieses Mal vor einem Schotterhaufen! Danke... mein Mann fährt erst seine Maschine rum und nimmt dann meine! Das hätte ich dieses Mal nicht geschafft, ohne mich lang zu machen!

Die Grenze kommt in Sichtweite!

 

Wir verlassen dieses freundliche, seltsame, überwachte Land mit tausend Fragezeichen! Ein Highlight war nicht nur Baku, sondern das gesamte Land! Wir rücken vor zum Nächsten: Derbent in Dagestan!

... Aber zunächst einmal müssen wir die Aserbaidschanische/Dagestanische Grenze passieren, die Einzige zwischen Aserbaidschan und Russland!

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Heidrun (Mittwoch, 24 Juli 2019 08:25)

    You made my day�
    Passt auf euch auf