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Oberg - Doboj (BIH)


Die ersten Kilometer einer sehr langen Reise....


1836 Kilometer, ein paar Länder und Begegnungen liegen schon mal hinter uns. Wir sind in Bosnien-Herzegowina.  Anstatt in Kroatien zu übernachten, haben wir umgebucht, um auch dieses Land einmal kurz kennen zu lernen.

 

Bei lauen paarundzwanzig Grad sind wir von unserem niedersächsischen Zuhause aufgebrochen. Aufgebrochen und los gefahren ins Ungewisse, ins Abenteuerliche. Unsere Köpfe sind voll mit Gedanken. Fast 8 Wochen werden wir weg sein!

Aber die erste kurze Etappe führt uns zunächst nach Alsfeld mit einer malerischen, kleinen Altstadt, wo wir alte, liebe Freunde das erste Mal nach 19 Jahren wieder treffen, was für ein schöner Abend! Danke Andrea undThomas!

Dann ein paar musikerfüllte, glückliche Tage mit unserem Sohn in Mannheim, der sein Bachelor Musikstudium mit einem Konzert abschloss... 

"Immer in den Osten, habt ihr nicht Angst, dass ihr beklaut werdet?", so eine uns oft gestellte Frage. Ziemlich diskriminierend finden wir diese Frage schon.  "Nein, absolut nicht! Beklaut werden kann man immer und überall!", so stets unsere Antwort.

Und genauso soll es kommen! In Mannheim nächtigen wir meistens in kleinen Pensionen (unser Sohn bewohnt eine so kleine Wohnung, dass für uns dort kein Platz ist. Große, bezahlbare Wohnungen sind in Großstädten bekanntlicherweise Mangelware)... Je nach Verfügbarkeit und Preislage wechseln immer mal die Hotels. Dieses Mal buchten wir ein uns unbekanntes Hotel. Schon allein die Lage ist nicht besonders einladend, aber dafür ist das Zimmer günstig. Unsere Motorräder parken wir direkt davor.Wir befinden uns in einer Seitenstraße, die aber nicht ganz unbelebt. Es fällt mir am nächsten Morgen zunächst gar nicht auf, aber als ich meine Geldbörse in meinem kleinen Tankrucksack verstauen will, bemerke ich, dass er fort ist. Na sowas, gestohlen in Deutschland! Also, liebe Freunde, nicht immer der Osten! Nicht, dass ich traurig drum bin... Wertsachen nehme ich selbstverständlich wie jeder immer mit. Vor allem kann niemand weder mit dem Rucksack an sich noch mit Inhalt etwas anfangen, ein Päckchen Tempotaschentücher, ein Kugelschreiber, Desinfektionstücher, Wert deises Inhalts ca. 1 Euro.... Sehr ärgerlich allerdings ist, dass sich darin auch mein kleiner Weggefährte und Talismann, einSt. Christopherus, Beschützer der Reisenden, befand, ein Geschenk von unseren Freunden zur letzten Tour. Ich bin sehr traurig darüber. Nicht, dass ich abergläubisch bin, aber wir sind ja zum Glück mit mehreren Glücksbringern ausgestattet! Danke Bärbel und Danke Christian...

Und nicht, dass nur der kleine Tankrucksack weg ist (den haben wir gleich im nahen Motorradhandel ersetzen können), die Kleinkriminellen haben auch noch versucht, meine am Motorrad befestigten und abgeschlossenen Koffer aufzubrechen. Auch hier wäre die Ausbeute in Form von Ersatzklamotten nicht gerade hochwertig gewesen. Mit Schraubenzieher oder Ähnlichem gingen sie ans Werk. Jetzt sind ganz schöne Dellen, fast Löcher drin. Die guten BMW Alukoffer scheinen zum Glück Einiges auszuhalten, ein Zeichen, was beruhigt. Keine Ahnung, warum Menschen so etwas tun...

Nach dem Motto " wenn es weiter nix ist", beginnt hier dann unsere eigentliche Reise :

Nach einer weiteren Übernachtung in Deutschland, in der Nähe von Günzburg, geht es gleich zügig weiter nach Österreich. Bei Kössen übernachten wir in einem kleinen Alpengasthof, wo wir vermutlich und hoffentlich das letzte schlechteste Essen der Tour einnehmen. Hirschschnitzel mit Knödel, mmmh,  das klingt zunächst echt gut. Der Hirsch allerdings war wahrscheinlich vom Großvater der Wirtin geschossen. So zäh, dass wir uns fast die Zähne daran ausbeißen und gefühlte Stunden an einem Stück rumkauen. Dazu eine geschmacklose weiße Pampe als Sosse, Klöße zwar riesengroß, aber wie Gummi und Kitt, fast ungenießbar. Da wir ja bekanntlicherweise keine Kostverächter sind und wir einen Mordshunger haben, geht fast die Hälfte davon trotzdem in unsere Mägen. 

Dafür kommen wir mit 2 österreichischen Wanderern und Peter, einem GS-Fahrer aus Friesland, ins Gespräch und verbringen einen netten und unterhaltsamen Abend.

Über Alpenpässe wie Pass Thurn und dem Wurzenpass sowie Superwetter geht es für uns Nordlichter mit Kurvenspaß, den wir kaum gewohnt sind, weiter für eine Übernachtung nach Slowenien. Wenig von dem Land mitbekommend, machen wir Kilometer, die meisten davon auf einer leeren Autobahn. Das Land wirkt auf den ersten Eindruck und leider Einzigen sehr sauber und freundlich. Auch über das Hotel und dem Essen können wir nichts Negatives berichten.

Slowenien verlassen recht früh und einmal kurz durch Kroatien gelangen wir nach Bosnien-Herzegowina. Die EU-Außengrenze ist schnell überwunden, 2x in den Pass schauen von üblich unfreundlichen Grenzern und grüne Versicherungskarte vorzeigen, das ist alles! Hier waren wir noch nie. Es ist wahnsinnig heiß und schwül, wir schwitzen und ölen in unserer Montur! Es geht über Land, dem Fluss Save folgend, Richtung Süden bis in die Region Doboj. Der Verkehr ist hier absolut gemäßigt, hier hält sich jeder Autofahrer an die Geschwindigkeitsbegrenzungen, in Ortschaften an strickte 50km/h und keinen Kilometer schneller, lieber ein wenig langsamer! Jeder scheint nach Vorschrift zu fahren. Wir kommen zwar nicht schnell, aber dafür entspannt voran. Dicke Wolken bauen sich auf und es sieht mächtig nach Gewitter aus. Was für ein Glück wir haben! Kaum angekommen in einem ruhigen Motel im Grünen unweit von Tuzla, schüttet es wie aus Eimern.

Dieses Land mit Hauptstadt Sarajevo ist uns noch bekannt durch den Bosnienkrieg Anfang/Mitte der 90iger Jahre. Gut, dass wir hier sind, denn ich lese noch einmal nach... Bosnienkrieg: 1992 - 1995, der grausamste Krieg in Europa seit dem 2. Weltkrieg mit über 100.000 Toten und mehr als 2.000.000 Vertriebenen, über 700.000 flüchteten nach Deutschland, wovon mehr als die Hälfte bereits zurück gekehrt ist. Es wundert uns also nicht, dass wir keine Sprachbarrieren haben. In unserem Hotel empfängt man uns uns in akzentfreiem Deutsch. Der Kellner erzählt uns seine Geschichte: Im Kindergartenalter als Flüchtlingskind in München gelandet und aufgewachsen, muss er mit seinen Eltern als Jugendlicher zurück, die Deutsche Sprache besser sprechend als die Muttersprache, die er erst hier wieder richtig lernen muss! Er vermisst Deutschland und seine Freunde, so berichtet er uns etwas traurig... Was für eine Geschichte, die sicher bezeichnend ist für viele bei uns nicht gern als Flüchtlinge angesehene Menschen.

 

Gedanklich sind wir zwar oft Zuhause und bei unseren Jungs, aber mit jedem gefahrenen Kilometer befinden wieder im Reisemodus und mit jedem Kilometer lassen wir mehr los...

 

Morgen brechen wir auf Richtung Serbien...